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Über den Tag kommen - Berlinale 2020/2: Wettbewerb

Kurt Hofmann

Die 70. Berlinale war zugleich die erste des neuen Festival-Leiters Carlo Chatrian, der seinen guten Ruf als kreativer Kopf (aus den Jahren seiner Intendanz in Locarno) bei der Programmierung der Jubiläumsausgabe der Berlinale bekräftigte.

23.03.2020

Der Unterschied zum Gemischtwarenladen Kosslicks war augenscheinlich: Statt  Beliebigkeit (in der Auswahl) Stringenz, Qualität statt Quantität (die Anzahl der Wettbewerbsfilme wurde stark reduziert), dramaturgische Überlegungen statt Vertrauen in die Macht des Zufalls. Insgesamt zeichnete sich die erste Saison  Chatrians durch eine größere Ernsthaftigkeit aus.

Und wenn von den achtzehn Wettbewerbsbeiträgen auch nicht alles gelungen, aber nur einer völlig misslungen war (das larmoyante Krebsdrama „Schwesterlein“ rund um den eitlen Großmimen Lars Eidinger), so kann man von einer gelungenen Bilanz sprechen.

Die Entscheidung der Jury für „Sheytan Vojud Nadarad“ (There Is No Evil; Iran 2020) entsprang zwar sichtbar einem Kompromiss, doch wiewohl Mohammad Rasoulofs Episodenfilm über die Todesstrafe keineswegs der Höhepunkt der diesjährigen Berlinale war, hatte er doch seine Meriten.

Da ist Heshmat, einer von denen, die scheinbar kein Wässerchen trüben können, so bieder wie angepasst. Und doch ist es sein Beruf, andere im Auftrag seines Staates vom Leben zum Tode zu befördern… Da ist Pouya, der Soldat, dem sein Vorgesetzter befiehlt, zum Henker zu werden, dessen Gewissen sich aber dieser Order widersetzt… Da ist Javad, gleichfalls bei der Armee, der anlässlich eines Heimaturlaubes seine Freundin an deren Geburtstag mit einem Antrag überraschen will und diese samt ihrer Familie in tiefer Trauer antrifft, weil ein enger Freund des Hauses einen gewaltsamen Tod erlitten hat. Als Javad ein Foto des Verstorbenen sieht, erblasst er… Und da ist Bahram, ein Arzt, der nicht praktizieren darf und von seiner in Deutschland  aufgewachsenen Nichte erstmals (auf "Anregung" ihres Vaters...) besucht wird. Was sie von Bahram schließlich erfährt, stellt ihr bisheriges  Leben in  Frage…

„There Is No Evil“ setzt auf raffiniert aufgebaute kurze Erzählungen, welche das auf scheinheiligen Paragraphen fußende Recht des (iranischen) Staates, dem Leben eines Abweichlers ein vorzeitiges Ende zu bereiten, in Zweifel ziehen. Es ist, so zeigt Rasoulof, eine Frage der  moralischen Überzeugung, nicht zu einem Rädchen im Getriebe der Macht zu werden. „There Is No Evil“ führt seinen Dialog nicht mit den Verantwortlichen für die grausame Praxis der Todesstrafe, sondern mit jenen, die in Gefahr sind, ihre „Unschuld“ zu verlieren, und zu Schuldigen zu werden. Denn hier ist, wie schon der Titel des Filmes impliziert, nicht das Böse zu finden, sondern die Anpassung an das „Unvermeidliche“, ein Mitläufertum, auf das alle Regime setzen. Sich jedoch zu verweigern, hat zweifellos Folgen, doch es hinterlässt, auch das zeigt „There Is No Evil“ unübersehbare Spuren...

Die Erwartungen, welche Luc, der Sohn eines Tischlers, in Paris setzt, betreffen nicht nur sein mögliches Studium der Kunsttischlerei. Kaum angekommen, trifft er in der Vorstadt auf  Djemila, die ihm den Weg weist, durchaus auch sprichwörtlich. Bald schon holt er sie am  späten Nachmittag von der Arbeit ab… Gegensätze ziehen einander an: Ist Luc von Djemilas Natürlichkeit fasziniert, so bewundert sie den eloquenten Kreativen. Doch als sich Djemila Luc verweigert, bricht er die Beziehung ab… Wartend auf die Prüfungsergebnisse, ist Luc heimgekehrt. In dem Provinzort taucht unerwartet Genevieve, seine Jugendliebe, deren Familie vor Jahren den Ort verlassen hatte, wieder auf und ist mehr als willig, am  Vergangenen anzuknüpfen…  Doch während Genevieve schon Pläne für eine gemeinsame Zukunft schmiedet, denkt Luc wieder intensiv an Djemila, mit der er am Telefon ein Treffen in Paris vereinbart… Dort eingetroffen, trifft er aber auf Betsy, mit der er bald zusammenzieht, doch auch deren Untermieter hat ein Auge auf Betsy geworfen – man trifft ein Arrangement… Dass Luc die Aufnahme in die Eliteschule geschafft hat, macht dessen Vater stolz, der ihn in Paris besucht und doch feststellen muss, dass es die alte Vertrautheit zwischen Vater und Sohn nicht mehr gibt. Der Tod des Vaters markiert ein Ende, doch ein  neuer Anfang ist für Luc nicht in Sicht…

Luc, die Hauptfigur von Phillipe Garrels neuem Werk „Le Sel des Larmes“ (The Salt of Tears; Frankreich 2020; Drehbuch: Jean-Claude Carriere) ist ein unsteter Flaneur wie einst Leaud. Nicht zufällig setzt Garrel bei der Nouvelle Vague an. Sein Film, in Schwarz-Weiss gedreht und durch einen Off-Kommentar gegliedert, wirkt wie aus der Zeit gefallen. Wenn Betsy durch das in der gemeinsamen Wohnung liegen gelassene Handy Lucs vor ihm vom Tod dessen Vaters erfährt, erstaunt die Tatsache, dass Luc ein Mobiltelefon besitzt, mehr, als die eben wiedergegebene tragische Nachricht… Jean-Claude Carriere, einst Bunuels Drehbuchautor, erzählt die Geschichte auf zwei Ebenen: Da ist die vom hin- und hergerissenen jungen Mann, der sich stets nach der jeweils Anderen sehnt (das zeitigt allerdings auch ein Frauenbild, welches ebenfalls aus der Zeit gefallen ist - was Garrel wohl nicht weiter schert…) Und zum anderen: Der Vater (wunderbar: André Wilms), in dessen Tischlerei der Sohn darauf vorbereitet wird, den Lebenstraum des Alten, Kunsttischler zu werden, „stellvertretend“ zu verwirklichen… Doch das ist kein Aufoktroyieren. So leicht Luc mit der Liebe umgeht, so schwer nimmt er seinen Auftrag, sein Erbe. Was der Vater sagt (und er spricht nicht viel), hat Gewicht. Aber da ist kein Druck, keine auf-, gar durchgesetzte Autorität, vielmehr ist da Vertrauen. Sie hören einander zu, lassen dem Anderen Raum. Mit dem Vater stirbt auch Lucs einziger Bezugspunkt: auch damit fällt Garrels Film aus der Zeit… Was Garrel in „The Salt of Tears“ gemeinsam mit Carriere erzählt, hat manche/n befremdet. Ein Anderes ist es, auf welche Weise sie es angehen: Und in dem Wie, da liegt der ganze Unterschied…

Autumn ist siebzehn und muss nach einem Test erfahren, dass sie ungewollt schwanger ist. Als sie der Ärztin in der Klinik vermitteln will, dass sie eine Abtreibung vornehmen lassen will, friert deren süßliches Lächeln ein. Ob sich Autumn nicht doch ein kleines Video anschauen wolle, bevor sie an derlei denke, fragt sie und schon wird diese genötigt, sich durch ein Abtreibungs-Gegner-Video namens „Die harte  Wahrheit über die Abtreibung“ anagitieren zu lassen… Doch Autumn kennt ihre Pappenheimer im ländlichen Pennsylvania und ihr ist klar, dass sie den Staat verlassen muss, um ihren Plan umzusetzen. Freilich hat sie nur eine Verbündete: ihre Cousine Skylar, die wie sie nach der Schule im Supermarkt arbeitet. Dort werden sie vom Abteilungsleiter mies behandelt, ein Grund mehr für Skylar, sich für die Kosten der Busfahrt nach New York und jene der Abtreibung an der Ladenkasse zu bedienen…

Es ist nicht leicht, eine Abtreibungsklinik zu betreten, ohne zuvor von hysterisch schreienden  fundamentalen Christen belästigt zu werden, aber Autumn und Skylar ignorieren diese. Autumn wird von der Klinik aufgenommen, doch sie muss einige Tage in New York bleiben und das Leben in der legendären Metropole ist teuer. Skylar nutzt die hartnäckigen Annäherungsversuche eines Jungen, der angeblich Musiker ist, um das gemeinsame Konto aufzubessern. Derweil wird Autumn an ihrem zweiten Tag in der Klinik gebeten, einige Fragen zu beantworten, mit denen sie nicht gerechnet hat…

Was als erstes an „Never Rarely Sometimes Always“ (USA 2020; Regie: Eliza Hittman) auffällt, ist die unaufgeregte Herangehensweise. Da wird nicht emotionalisiert, es fehlen Wut, Tränen und „dramatische Höhepunkte“, all dies, was das US-Kino sonst zu diesem Thema liefern würde. Es fehlt jedoch noch etwas: die übliche Wendung zum Schluss des Filmes, in der sich die Protagonistin, überwältigt von der Situation, doch entschließt, ihr Kind auszutragen… Eliza Hittman zeigt vielmehr, einer Chronistin gleich, wie schwer es für zwei siebzehnjährige Mädchen ist, auch nur einige Tage in der großen Stadt zu überleben, aber ebenso, wie Autumn sich trotz alledem nicht beirren lässt. Bis auf einmal: Wenn sie in der namensgebenden Szene gefragt wird, ob sie nie, selten, manchmal oder immer in der  Vergangenheit sexueller Gewalt ausgesetzt war – da wird eine fest verschlossene Tür in ihrer Erinnerung geöffnet… 

„Never Rarely Sometimes Always“ ist ein sensibles Porträt zweier Freundinnen voll Sympathie für diese und ohne Belehrungswillen. Denn Hittmans Film ist ohnedies eine exemplarische Geschichte, so schnörkellos und unmissverständlich wie empathisch.

Weit entfernt von der Unaufgeregtheit des Films von Eliza Hittman war die für den Wettbewerb der Berlinale erstellte Variante des DAU-Projekts von Ilya Khrzhanovskiy, über die vorab munter spekuliert wurde. Da war vom Regisseur als Sektenführer und Menschenquäler die Rede, alles am Set sei „echt“ gewesen, nichts gespielt… Der, über den da mit Schaudern berichtet wurde, hatte mutmaßlich den meisten Spaß daran und beförderte wohl noch so manches wüste Gerücht. So viel Vorab-Propaganda für einen „radikalen“ Film ist selten…

Doch worum geht es in „DAU. Natasha“ (Deutschland/Ukraine/GB/Russland; Regie: Ilya Khrzhanovskiy, Jekatarina Oertel)? Das DAU ist ein geheimes sowjetisches Forschungslabor in den Fünfziger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts. Stalin regiert. Im ersten Teil von „DAU. Natasha“ begegnen wir Natasha und Olga. Die Mittvierzigerin Natasha leitet die Kantine des DAU, Olga, zwanzig Jahre jünger, ist ihre Mitarbeiterin, Gesprächspartnerin, Feindin und Verbündete (in einem). Es wird viel getrunken in der DAU-Kantine. Erste Erkenntnisse: solange noch Alkohol vorhanden ist, wird er im russischen  Kosmos auch verbraucht… Doch dass Natasha mit einem französischen Wissenschaftler geschlafen hat, ist dem vor Ort äußert aktiven Geheimdienst nicht entgangen. Natasha wird vorgeladen. Zweite Erkenntnis: der KGB ist böse…

Es ist kein allzu gutes Zeichen, wenn in den Rezensionen über einen Film vorwiegend über  ein (drastisches) Detail gesprochen wird: dass der KGB-Offizier Vladimir Azhippo während eines Verhörs Natasha zwingt, sich erst zu entkleiden und in der Folge eine leere Cognak-Flasche in ihre Vagina einzuführen. Schlimm, doch was ist sonst noch in „DAU. Natasha“ zu sehen? Der Nervenkrieg zwischen Natasha und Olga im ersten Teil des Films ist sichtlich von Genet’s „Die Zofen“ inspiriert, dessen Theaterstück die Hauptfiguren Macht- und Herrschaftsverhältnisse (lustvoll) nachspielen lässt. Da kennt jede ihren Einsatz, auch Natasha und Olga in „DAU. Natasha“. Der Darsteller des KGB-Offiziers war hingegen, heißt es,  „wirklich“ beim KGB und wohl selbst ein schlimmer Finger. Oho! Thomas  Harlan hat das,  long time ago, schon in „Wundkanal“ mit einem „echten“ Nazi probiert, den er damals vor der Kamera einem peinlichen Verhör unterzog – das hat schon dereinst keine sonderlichen Erkenntnisse befördert… „Radikal“ ist das, anders als bisweilen behauptet, nicht. „DAU. Natasha“ hat allerdings noch eine reaktionäre Schlusspointe aufzuweisen: Als Natasha aus dem Folterkeller endlich entlassen wird und in der Kantine erneut auf Olga trifft, kehrt sie „gestärkt“ zurück und kann Olga, die das Bodenaufwischen stets auf den nächsten Tag verschiebt (ein running-gag des Films) mit Härte in ihre Schranken weisen. Auch ein  Lernprozess…

Vom  Lauten, Aufdringlichen zu völliger Stille, von bedeutungsschwangerer Gestik zum  Minimalismus, der sich mit Andeutungen begnügt: 1997 war mit „The River“ erstmals ein Film von Tsai Ming-Liang bei der Berlinale zu sehen, der damals einen öden Wettbewerb rettete und mit einem „Silbernen Bären“ ausgezeichnet wurde.

Tsai Ming-Liangs neuer Film „Rizi“ (Days; Taiwan 2019) kommt ohne Dialoge aus und schildert die auf- wie vergehende Liebe zweier Männer unterschiedlichen Alters wie Herkunft. Kang, der Ältere der Beiden, lebt in einem großen Haus. Non besitzt eine kleine Stadtwohnung in Bangkok und hat sich auf die Zubereitung traditioneller Speisen spezialisiert. Minutenlang ist zu sehen, wie er in einem großen Behältnis Gemüse wäscht, nicht mehr und nicht weniger. Tsai Ming-Liang nimmt sich Zeit, hält bisweilen sogar das Bild an… In der ersten Begegnung der Beiden versucht Non Kang von seinen chronischen Schmerzen durch Massage zu heilen: Das gelingt, doch je länger die Massage dauert…

Weshalb die Beziehung zwischen Kang und Non schließlich scheitert, erfährt man nicht, dass sie gescheitert ist, wird an ihrer Vereinsamung deutlich: Non sitzt mitten in der Metropole Bangkok alleine auf einer Parkbank und starrt vor sich hin, rund um ihn tobt der städtische Verkehr. Und Kangs Mimik lässt erahnen, dass dem körperlichen nun der seelische Schmerz gefolgt ist, sodass er wieder auf sich selbst zurückgeworfen ist…

Dass das weiche Wasser letztlich den harten Stein besiegt, wusste schon Brecht. Undine, das Meereswesen, kann unter den Menschen leben, wenn der Mann, den sie erwählt, ihr treu bleibt. Tut es dies nicht, muss er sterben. Als Johannes Undine, der geerdeten Stadtführerin, mitteilt, dass er sie verlassen will, spricht diese eine Drohung aus: wenn er geht, ist das sein Tod… Johannes wartet nicht auf Undine, wie von ihr verlangt, doch ein anderer ist plötzlich da und nicht willens, zu verschwinden: Christoph ist Industrietaucher, er ist aus dem Wasser zu Undine gekommen… Undine und Christoph: Die Beiden wissen intuitiv mehr voneinander, als sie begreifen. Sich zu trennen, wenn auch nur der Arbeit willen, fällt ihnen schwer, den Anderen/die Andere nicht am selben Ort zu wissen, macht ihnen Angst. Eines Tages hat Christoph einen schweren Unfall. Kurz danach ist Undine spurlos verschwunden… An der Seite des wundersam wiedergenesenen Christoph ist nun eine andere Frau. Doch Christoph ahnt, wo er Undine wieder findet…

„Undine“ (Deutschland/Frankreich 2020) ist der neue Film von Christian Petzold und als erster Teil einer Trilogie zur Deutschen Romantik gedacht. Wie schon in „Transit“ (2018) verkörpern Paula Beer und Franz Rogowski die Hauptrollen. Was diese Beiden auszeichnet, ist eine Unbedingtheit im Spiel, stets so agierend, als gäbe es kein Morgen. Das kommt dem Balanceakt zwischen Erdung und bedingungslosem Versinken, der in „Undine“ verlangt wird, zugute. Wenn Christoph Undine nächtens bittet, ihm die Ansprache, die sie am nächsten Tag im Stadtschloss den TouristInnen halten wird, vorzutragen, wird aus Undines professionellem Vortrag plötzlich eine Gutenachtgeschichte für Christoph, ohne dass sie den Tonfall ändert… Etwas auf den Grund gehen: die nüchterne Stadtführerin Undine und das gleichnamige verliebte Meereswesen verstehen darunter Verschiedenes, doch es ist nicht ausgeschlossen, dass die eine von der anderen weiß…

1820, Oregon: Glücksritter sind unterwegs, um das Neue Land zu erkunden und zu besiedeln. Der Sehnsucht, Gold zu finden, steht der harte Alltag der Trapper entgegen. Immerhin werden Pelztiere gejagt und erlegt. Cookie schlägt sich als Koch durch, wird mehr geduldet als akzeptiert, doch sein kurzfristiges Ziel ist kein anderes als jenes der übrigen Pioniere: über den Tag zu kommen. Das ändert sich, als Cookie auf King Lu, einen chinesischen Einwanderer, den er vor dessen Verfolgern beschützt, trifft und in ihm einen Freund findet. Und King Lu, ein pfiffiges Bürschchen, hat eine Idee, wie Cookie seine besonderen Talente optimal nützen kann: gemeinsam wollen sie Donuts backen und verkaufen, später vielleicht eine Bäckerei eröffnen. Doch sie brauchen dafür Milch. Als sie von einem reichen Engländer, einem Lord, hören, der die erste Kuh in den Westen importiert hat, melken sie diese heimlich im Schutz der Nacht. Doch der charmante und eloquente King Lu wird vom Engländer eines Tages eingeladen und das Unglück nimmt seinen Lauf: die Kuh kommt ihm freudig entgegen…

„First Cow“ (USA 2019), der neue Film von Kelly Reichardt, erzählt nicht, „wie es einst begann“, aber er ist ehrlicher und authentischer als andere, deren Filme das von sich behaupten. Schüsse fallen kaum, und doch ist das unzweifelhaft ein Western. Cookie und King Lu sind, wie die übrigen Glückssucher, zum Verlieren prädestiniert, und warum das so ist, zeigt Kelly Reichardt in jedem ihrer Filme, die vom Oben und Unten im „Land of the Free“ handeln. Aber zum anderen sind zwei wie der begabte Koch Cookie und der kreative Einwanderer King Lu, die gemeinsam austüfteln, wie man Mächtigeren ein Schnippchen schlägt, zumindest dies, diejenigen, auf die es ankommt, in einer Gesellschaft, die nicht völlig verrohen will, gestern wie heute, das lehrt uns „First Cow“, der schönste Film der  diesjährigen Berlinale.