Film: Kein richtiges Leben im falschen
Kurt Hofmann
"Sehnsucht" von Valeska Grisebach
24.04.2007
In einem Dorf, geographisch nahe Berlin, doch weitab der restlichen
Welt, leben zwei, die weder vom Treiben jenseits der Ortsgrenze, noch
von Tratsch, Klatsch, den Intrigen und Heimlichkeiten in ihrer
Nachbarsahaft berührt scheinen, ihnen denn niemand von der Vertreibung
aus dem Paradies erzählt oder wollten sie es nicht glauben? Markus, von
Beruf Schlosser, aus Berufung Feuerwehrmann. Ella, nebenberuflich
Haushaltshilfe, aus Berufung Chorsängerin. Markus und Ella gehören
zusammen, seit jeher. Keine/r im Ort kann sich an sie anders denn als
unzertrennlich entsinnen - soviel Harmonie nährt Mißgunst. Jedes Kind
weiß, dass der Schluss vieler Märchen "Und sie lebten glücklich bis ans
Ende ihrer Tage" bloß ein Wunschbild ist (und will es dennoch immer
wieder hören)- Markus und Ella, beide Anfang dreißig, wissen es nicht.
Ein Schulungsseminar der Freiwilligen Feuerwehr in der Kreisstadt: Da
wird "auf den Putz gehauen". Lachen, Schenkelklopfen, auf
Frauenschenkel greifen. Markus, inmitten, zugleich abseits, wird
nachgeschenkt. Als er am Morgen aufwacht, liegt er im Bett einer
fremden Frau...
Rose ist Kellnerin. Rose ist nicht Ella. Wenn Rose nicht Ella ist, wie
kann Markus sie dann weiterhin treffen fragt er sich und entdeckt, dass
da etwas ist, womit er nicht gerechnet hat. Markus hält sich daran,
dass Ella Ella ist und Rose Rose, die eine liebt erund die andere-
auch. Rose weiß von Ellas Existenz, Ella muss von Rose nichts wissen.
Als sie es doch erfährt, taucht anders als im Märchen keine Fee auf und
bietet den Trunk des Vergessens an. Markus flüchtet in seine Werkstatt.
Ein Schuss fällt...
Über den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen...: So wie es im Märchen
kaum vorstellbar ist, dass es ein Anderswo und ein Schöneres gibt, ist
Markus fassungslos ob der" Entdeckung von Sehnsucht und Verlangen.
Valeska Grisebachs „Sehnsucht“(Deutschland 2005) erzählt über das
Tappen im Nirgendwo der Gefühle, über den Verlust der Unschuld.
Ausschließlich mit Laien gedreht (und ideal gecastet) wird da, auf den
Spuren Horvaths und des frühen Kroetz,den Sprachlosen, die nicht
benennen können, was in ihnen wühlt und meist schon am täglichen
Versuch, Luft zum Atmen zu finden, scheitern, nachgespürt. Ein kleines
Wunder an Sensibilität und Genauigkeit.
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