Ein Unikat – Das IFFI im zwanzigsten Jahr
Kurt Hofmann
Als das Festival noch in den Kinderschuhen steckte, gab es nur einen Preis: den Publikumspreis. Am letzten Tag des Festivals wurden die Stimmkarten im Foyer des Cinematograph ausgezählt, später am Abend der Ausgezeichnete unter dem Applaus des Publikums geehrt. Dieser nahm seine Trophäe in Empfang, bedankte sich höflich, versprach wiederzukommen. Ob die Wahl den richtigen traf, wurde selten in Erwägung gezogen. Man hatte einige Tage Filme und damit die Welt gesehen, über das eine wie das andere lustvoll zu streiten lohnte mehr.
30.05.2011
Dieser ersten Festivalphase entstammt die folgende Anekdote: Ein Filmemacher aus einem fernen Land erzählte in der Publikumsdiskussion von den Schwierigkeiten der sich dort nun entwickelnden Demokratie – zwar hätten schon mehrfach Wahlen stattgefunden, doch trotz einer scheinbaren Auswahl obsiege immer die alte, für ihre korrupten Praktiken bekannte Bürokratie. Daraufhin einer der ZuschauerInnen:“Wie bei uns in Tirol!“
Damals hieß das Festival noch America Film Festival, America mit c, wohlgemerkt , und Filme aus der „Dritten Welt“ waren kaum in den heimischen Kinos zu sehen. Heute, nach einer neunzehnjährigen Erfolgsgeschichte, nennt sich das Festival „Internationales Film Festival Innsbruck“ (oder kurz IFFI), hat das Image der „Drittweltschau“ längst abgelegt und ist zu einem vielbeachteten und unverwechselbaren Forum des Weltkinos mit Fokus auf den Süden geworden. Eine international besetzte Jury vergibt den Hauptpreis des Wettbewerbes, lokale PolitikerInnen haben mittlerweile verstanden, dass das IFFI mehr ist als einer der Programmpunkte des für den Tourismus wichtigen „Innsbrucker Sommer“ (und die Subventionen dennoch im Lauf der Jahre kaum merkbar erhöht), das Festivalpublikum vertraut der Auswahl und frequentiert nicht nur die „sicheren Tipps“ - ein gutes Zeichen.
Dennoch ist das IFFI auch heute kein Festival der Eitelkeiten, sondern eines für die ganze Stadt, ohne Berührungsängste, mit bewußtem Verzicht auf Distanz zugunsten eines permanenten (sozusagen: allumfassenden...) Austausches. Statt des roten Teppiches eine Idee des Miteinander. In diesem Sinne verstanden sich auch gastierende Regiestars wie Ousmane Sembene, Jean Rouch oder Fernando Birri als Teil des Ganzen.
Eine überschaubare Szenerie: Es ist wohl keine gewagte Behauptung, dass dem IFFI das wohl (Festival-)weltweit kleinste Leading-Team der Welt vorsteht. Umso deutlicher war und ist der prägende Einfluß des Festivalgründers und -leiters Helmut Groschup. Da braucht es kompetente und loyale MitstreiterInnen, die idealerweise auch Programmkontraste setzen können. In den verschiedenen Phasen des Festivals waren dies Verena Teißl, Raimund Obkircher sowie die aktuelle Stellvertretende Festival-Leiterin Evelin Stark.
In der heurigen Edition des Festivals (31.5. - 5.6.2011; Festivalkinos: Leo-Kino, Cinematograph) finden sich neben einem Pasolini-Schwerpunkt (als deren idealtypische „Ergänzung“ ist 2011 der Pasolini-Schauspieler Ninetto Davoli zu Gast), im Wettbewerb u.a. neue Filme von Mahamet-Saleh Haroun und Daniel Diaz Torrez, Dokumentarisches von dringlicher Aktualität, Specials zu Christoph Schlingensief und Raoul Peck, ein „Balkan-Clash“ sowie naturgemäß eine „Best of“ - Retro mit Höhepunkten vergangener Jahre.
To be continued: Dem ältesten Bundesländer-Festival die besten Wünsche zum erreichten zwanzigsten Jahr. Wenn Elan, Engagement und kreative Programmgestaltung erhalten bleiben, muß einem um dessen Zukunft nicht bange sein.
Kurt Hofmann
Detailliertes Festivalprogramm:www.iffi.at