die Linke

Menüpfad zur ausgedruckten Seite: Home Artikel Kultur & Film Die Indianer sind schon fern - Zum 8. Mal “Crossing Europe” in Linz: Interview mit Festival-Direktorin Christine Dollhofer
Adresse: https://dielinke.at/artikel/kultur-film/die-indianer-sind-schon-fern-zum-8-mal-201ccrossing-europe201d-in-linz-interview-mit-festival-direktorin-christine-dollhofer/

Die Indianer sind schon fern - Zum 8. Mal “Crossing Europe” in Linz: Interview mit Festival-Direktorin Christine Dollhofer

Kurt Hofmann

Seit nunmehr sieben Jahren zeigt das Festival Crossing Europe in Linz junges, innovatives Autorenkino aus Europa abseits des synthetischen Produkts “Eurofilm”. Anläßlich 8. Ausgabe vom 12. bis 17. April 2011 sprach Kurt Hofmann für "Die Linke" mit Festival-Direktorin Christine Dollhofer.

04.04.2011

"Die Linke": Das heurige Tribute ist zwei Niederländerinnen gewidmet, der Regisseurin Nanouk Leopold und der Produzentin Stienette Bosklopper ...

 

Christine Dollhofer:  ... die seit vielen Jahren zusammenarbeiten. Nanouk Leopolds Filme sind meist ungewöhnlichen Frauen gewidmet. ihre Arbeiten sind eigenwillig und eigenständig, ihre persönliche Handschrift wird dabei stets sichtbar und macht sie unverwechselbar. Nanouk Leopolds erster Film “Guersey” war 2006 im Wettbewerb von Crossing Europe zu sehen. Mittlerweile werden ihre Filme regelmäßig auf internationalen Festivals wie Cannes, Berlin, Rotterdam und Toronto gezeigt. Stienette Bosklopper hat in den vergangenen Jahren immer wieder junge Talente entdeckt und mit ihnen gemeinsam Stoffe entwickelt. Sie verliert diese dabei nicht aus den Augen, sondern setzt vielmehr auf Kontinuität in der Zusammenarbeit. Heuer war sie als Produzentin mit Sefyi Teomans “Our grand despair” /Türkei/D/Nl 2010) im Wettbewerb der Berlinale vertreten, bei Crossing Europe debütierte sie 2009 mit Eugenie Jansens “Calimucho” ... Bei Crossing Europe werden heuer in acht Programmen ausgewählte Filme von Nanouk Leopold und Stienette Bosklopper zu sehen sein, die beide im Anschluß für Publikumsgespräche zur Verfügung stehen.

 

“Red Westerns” nennt sich eine in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Film Festival Rotterdam erstellte Schau. Die Indianer kommen dabei aus gewissermaßen Moskau und Berlin/DDR. Wie ist die Sicht dieser Filme auf den “Wilden Westen”?

 

Es ist eine ethnographisch geprägte Sicht, die sich für die Rituale interessiert. Mitten im Kalten Krieg wird hier ein Gegenbild zu Hollywood und zu den Karl-May-Filmen der BRD entworfen. Der Drehort war übrigens sowohl für die Karl-May-Filme der BRD als auch für jene der Western der DEFA das ehemaligen Jugoslawien. Übrigens wird der Star vieler DEFA-Western, Gojko Mitic, anläßlich der Vorführung des DEFA-Klassikers “Die Söhne der großen Bärin” (DDR, 1996; Regie: Josef Mach) nach Linz kommen. Er war zu seiner Zeit ein Idol für die Kinobesucher im Osten, vergleichbar Pierre Briece, dem Darsteller des Winnetou  in den Karl-May-Filmen der BRD. Die ersten “Roten Western” entstanden schon schon in den 20er-Jahren in der UdSSR. Allesamt erheben die “Red Western” aber den Anspruch einer größeren historischen Genauigkeit.

 

Eine eigenwillige, doch überzeugende Lösung hat “Crossing Europe” im Fall des Eröffnungsfilms, bekanntermaßen die Schwachstelle vieler Festivals, getroffen. Es gibt nicht nur einen, sondern gleich mehrere, höchst unterschiedliche Filme zur Auswahl für die Premierenbesucher. Unter welchen Filmen können diese heuer wählen?

 

Da ist zum einen “Brownian Movement” (NL/BE/DE 2010) der Tribute-Gäste Nanouk Leopold und Stienette Bosklopper, über das Doppelleben einer introvertierten Ärztin mit Sandra Hüller in der Hauptrolle, ein Film, der beim Festival in Toronto uraufgeführt wurde und in  Österreichischer Erstaufführung zu sehen ist. Da ist zum anderen “Das schlechte Feld” (AT/DE 2011, Weltpremiere) des Oberösterreichers Berhard Sallmann, ein poetischer Essay, langsam, mit Voiceover, erzählend, wie sich Geschichte in einen Ort einschreibt, ein Film, der im Rahmen von “Local Artists” gezeigt wird. Und da ist schließlich “Burke & Hare” (GB 2010, Österreichische Erstaufführung), der Opener der von Markus Keuschnigg programmierten Sektion “Nachtsicht”, die dem Genrefilm gewidmet und zu einem unverzichtbaren Teil von Crossing Europe geworden ist. Regisseur von “Burke & Hare”, einer schwarzen Komödie, ist niemand Geringerer als John Landis.

 

Bedauerlicherweise haben die Siegerfilme von Crossing Europe kaum je den Weg in die heimischen Kinos gefunden, sprich, sie fanden keinen österreichischen Verleih. Woran liegt das und wie könnte man das ändern?

 

Es liegt daran, dass die von den Festivaljurys ausgewählten Filme den heimischen Verleihern offenbar als zu sperrig erscheinen und sie deshalb zurückschrecken, diese in den Verleih zu nehmen. Was aber das Thema Nachhaltigkeit betrifft: im Rahmen von “Crossing Europe” gezeigte Filme werden heuer danach mehrfach in österreichischen Kinos zu sehen sein, so etwa eine Auswahl der Genre-Leiste “Nachtsicht” im Wiener Filmcasino beim Festival “Frame Out” und bei der “Francophonen Woche” in Wien werden Filme aus Crossing Europe gezeigt, der TV-Sender “okto” interessiert sich regelmäßig für hier gezeigte Arbeiten, nicht zu vergessen werden selbstverständlich die “Local Artists” mit ihren Arbeiten nach “Crossing Europe” in den Linzer Kinos präsent sein.

 

Ein leidiges Thema ist die finanzielle Absicherung des Festivals. Hier gibt es aber heuer ausnahmsweise eine gute Neuigkeit?

 

Ja, denn wir haben mit Silhouette International Schmied AG, einem Brillenhersteller, der für seine randlosen Brillen bekannt ist, erstmals einen Hauptsponsor gefunden, der auch einen neuen Preis, den “New Vision Award” stiftet, der eine herausragende Leistung im Bereich der Programmkategorie “Panorama Europa Fiction” auszeichnet. Die Zuwendungen von Stadt Linz, Land Oberösterreich, Bund und Europäischer Union (MEDIA) bleiben in gleicher Höhe aufrecht. Außerdem erhält “Crossing Europe” heuer aus dem Restmitteltopf von “Linz Kulturhauptstadt Europas” naoch eine Summe von 20.000 Euro.

 

Gibt es einen “Geheimtipp” der Festivalleiterin?

 

Nicht auf einen einzelnen Film, aber auf die Programmsektion “Stadt-Migration-Identität” in Kooperation mit dem Architekturforum Oberösterreich. Das sind teils sehr schöne Dokumentarfilme, die rasch auf gesellschaftspolitische Phänomene regiert haben.

 

Wir danken für das Gepräch.

 

Festivalkinos: City, Moviemento

Infos zu Programm, Kartenpreisen etc.:

www.crossingEurope.at