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Gaza: Wo ist die Waffenruhe?

Trotz der Behauptung Israels, seit Sonntag, den 18. Januar ab 2 Uhr Morgen eine Waffenruhe einzuhalten, haben israelische Soldaten seitdem tagtäglich ZivilistInnen von der Grenze aus beschossen. "die linke-online" dokumentiert Berichte von MenschenrechtsaktivistInnen aus Palästina.

30.01.2009

Nur Stunden, nachdem die Waffenruhe am 18. Januar begann, wurde Maher Abu Arjila, ein 22 jähriger Bauer in einem Dorf namens Khazaa von israelischen Soldaten erschossen. Ein weiterer Bewohner des Dorfes wurde verletzt, als das Gebäude unter dem er stand, zusammenbrach, weil Soldaten es beschossen hatten. Einige Tage später, am Abend des 25. Januar, wurde Subhe Kdah verletzt, als Soldaten ins Dorf schossen, und am Montag, den 26. Januar, berichteten die BewohnerInnen, dass Soldaten in der direkten Umgebung einer UN-Schule Schüsse abgaben.
Am Dienstagmorgen, den 27. Januar, wurde Arwan al Ibrim, ein junger Bauer, von der israelischen Armee ermordet. Dies geschah im Dorf Al Farahin, östlich der Stadt Khan Younis, das wie die anderen Dörfer im Süden des kleinen Gazastreifens liegt. Wie Augenzeugen berichteten, pflückte der 27-jährige Arwan Petersilie und Spinat auf den landwirtschaftlichen Flächen des Dorfes, ca. 700 m von der sogenannten Greenline entfernt, als von mehreren israelischen Militärjeeps jenseits der Grenze das Feuer eröffnet wurde - mehr als 30 Schuesse in schneller Folge. Die sieben arbeitenden Bauern versuchten sofort, Deckung vor den Kugeln zu suchen, Arwan wurde in den Hals getroffen und starb auf der Stelle. Die Arbeit auf diesem Land wurde nach mehr als sechsmonatigem Stillstand gerade erst vor Kurzem wieder aufgenommen. Die Gegend war als zu gefährlich eingeschätzt worden, nachdem dort bereits im März 2008 eine grosse Militärinvasion Israels und natürlich der jüngste 3-wöchige Krieg gegen Gaza stattgefunden hatte. Obwohl die Region immer noch als gefährlich eingeschätzt wurde, hatte Arwan sich entschieden, seine Arbeit wieder aufzunehmen, da er damit die ärztliche Versorgung seines gelähmten Vaters finanzieren wollte. Der Verdienst für seine landwirtschaftliche Arbeit dort betrug nur 20 Shekel (ca 5 Euro) am Tag. Seine Mutter klagte, dass sie und sein Vater ihn angefleht hatten, zum Frühstück zu Hause zu bleiben, Arwan dies aber ablehnte, da er meinte, es gäbe viel Arbeit, und er wolle anfangen, bevor die Armee wiederkommt und zu schießen beginnt. Nur zwei Stunden später musste die Familie aus dem Fernsehen erfahren, dass Arwan umgebracht worden war.
Später am gleichen Tag wurde ein junger Mann innerhalb von Khan Younis ernsthaft verletzt, als eine israelische Drohne (ein unbemanntes, ferngesteuertes Kleinflugzeug, d. Red.) auf ihn feuerte. Hayan As Ser wurde ins Nasser Krankenhaus gebracht, und sein Zustand ist immer noch kritisch.
Auch die schon vor dem Krieg täglich berichteten Übergriffe auf die Gazauischen Fischer gehen seit der Ankündigung der einseitigen Waffenruhe Israels unvermindert weiter, was darin resultierte, dass am 26. Januar der Kapitän eines der Fischerboote mit einer Kugel im Bein ins Krankenhaus eingeliefert wurde, nachdem ein israelisches Marineschiff die Fischer unter Beschuss genommen hatte. Am 27. Januar konnte sich Iyad al Hissi gerade noch aus dem Radhaus des Bootes retten, das regelrecht zusammengeschossen wurde, obwohl sich das Boot in Gewässern weniger als eine Seemeile vom Ufer entfernt befand. In beiden Fällen, so berichteten die Fischer, schienen die Schüsse in der Absicht zu töten abgegeben worden zu sein.
Obwohl diese Angriffe auf Fischer auch während des sechsmonatigen sogenannten Waffenstillstands täglich vorkamen, berichten die MenschenrechtsaktivistInnen, die schon damals die Fischer begleiteten, dass die Angriffe nun noch schlimmer seien: "Waehrend des sechsmonatigen Waffenstillstands wurden die Fischer jeden Tag unter Beschuss genommen, aber nun passiert es noch viel näher am Ufer - ein bis zwei Meilen vom Ufer entfernt, berichtet einer der internationalen Menschenrechtsaktivisten. Das internationale Recht spricht den palästinensischen Fischern 20 Meilen zu, die israelische Regierung selbst hat ihnen eine Grenze von sechs Meilen auferlegt.

Zu diesen Brüchen der Waffenruhe kommt ausserdem die Bombardierung der Umgebung des Hafens von Gaza, die fünf Tage nach Beginn der Waffenruhe noch andauerte und zu mehreren Verletzten führte (wie z.B. der siebenjährige Ahmed Hassanian, der in den Kopf getroffen wurde) und die Bombardierung der Amal Nachbarschaft östlich Beit Hanouns im Norden des Gazastreifens, wobei es einen Toten und einen Verletzten gab. All diese Vorfälle führen die Behauptungen Israels über die angebliche Waffenruhe ad absurdum: "Wo ist die Waffenruhe?", fragt Arwans alte Mutter bitter und fordernd: "Sie sagten, es würde eine Waffenruhe geben, aber nichts gibt es!"