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Neues Fremdenrechtspaket bringt unmenschliche Härten für Asylsuchende

Redaktion

Unmenschliche Härtefälle vor allem bei Folteropfern, eine Verfünffachung der Schubhäftlingszahlen, eine bedenkliche Verpolizeilichung des Asylbereichs und gravierende Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit:

24.04.2007

Das ist die traurige Bilanz des gemeinsamen 'Wahrnehmungsberichtes 06' von asylkoordination, Caritas, Diakonie, Integrationshaus, Österreichischem Roten Kreuz und Volkshilfe knapp ein Jahr nach dem Inkrafttreten des umstrittenen österreichischen Fremdenrechtspakets am 1 .Jänner 2006. In ihrem Bericht haben diese in der Flüchtlingsbetreuung tätigen Organisationen die Vollzugspraxis der neu geschnürten Gesetze anhand ihrer täglichen Erfahrungen unter die Lupe genommen und dokumentiert.
„Im neuen Asylgesetz muss man die positiven Änderungen wie die Stecknadel im Heuhaufen suchen. Die vielen negativen Auswirkungen treffen vor allem die Schwächsten, wie etwa traumatisierte Menschen“, fasste Anny Knapp, Obfrau der asylkoordination, das Ergebnis des Berichts zusammen.
„Die Folgen des neuen Fremdenrechts sind dramatisch. Die Zahl der Schubhäftlinge explodiert, Folteropfer werden in Haft genommen, Familien auseinander gerissen. Ihr einziges 'Vergehen'  – in Österreich um Asyl angesucht zu haben“, betonte der Präsident der Volkshilfe Österreich, Josef Weidenholzer. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der AsylwerberInnen in Schubhaft von Jänner bis September um 500 Prozent gestiegen. Weidenholzer: „Schubhaft wird sofort bei Verdacht verhängt, dass Österreich für die Prüfung des Asylantrages nicht zuständig sein wird. Aber auch, wenn das Asylverfahren in Österreich zugelassen wird, bleibt die Schubhaft oft bestehen. Diese unmenschliche Praxis muss geändert werden.“
„Die neuen Gesetze bieten eher Schutz vor Asylsuchenden als Schutz für Asylsuchende“, kritisiert auch Caritas-Präsident Franz Küberl: „Dass Asylsuchende nun verstärkt noch während der Berufung ins Ausland abgeschoben werden, ist ein Fußtritt gegen die Rechtsstaatlichkeit.“ Die Verpolizeilichung schaffe unmenschliche Härten. Asylsuchende werden nach ihrer Ankunft als erstes von Polizisten befragt und landen danach direkt im Gefängnis, stellt der Bericht fest.
Im Bericht wird auch festgestellt, dass AsylwerberInnen teilweise fehlerhaft übersetzte Informationsblätter erhielten. Genaue und verständliche Information und deren zielgruppengerechte Aufbereitung ist von zentraler Bedeutung, insbesondere, wenn eine Verhaltensnormierung erreicht werden soll. Dazu benötigt man primär umfassende und verständliche Information. Ein schlampiger und selektiver Umgang mit zu kommunizierenden Inhalten kann nur kontraproduktiv sein. Fehlerhafte und irreführende Übersetzungen des deutschsprachigen Originaltextes schüren Misstrauen, genauso wie das Vorenthalten wichtiger Informationen, meinen dazu die NGO-VertreterInnen.
Generell sind die Verschärfungen bei der Schubhaft den NGOs ein Dorn im Auge:  „In einem Verwaltungsverfahren, das zur Feststellung dient, welche Asylbehörde in Europa für die Führung des Asylverfahrens zuständig ist, Schutzsuchende monatelang ins Gefängnis zu sperren, ist nicht nur unmenschlich, sondern auch menschenrechtlich äußerst bedenklich“, betont Michael Chalupka, Direktor der Diakonie Österreich. Drakonische Maßnahmen und der bürokratische Ablauf eines reinen Feststellungsverfahrens zwischen europäischen Ländern stünden in keinem Verhältnis zueinander. Chalupka:  „Wenn wir von Schutzsuchenden sprechen, dann sind das auch psychisch Schwererkrankte, Folterüberlebende, Jugendliche, Schwangere und von ihren Kindern getrennte Eltern. Das hat mit Lastenteilung nichts mehr zu tun. Es sind hilfesuchende Menschen und keine Pakete!“
„Anstatt adäquater Behandlung und Betreuung werden besonders schutzbedürftige Menschen wie Minderjährige und Traumatisierte ohne den Funken einer Rücksichtsnahme auf den Einzelfall in Schubhaft genommen. Inhaftierung bzw. die Androhung einer Abschiebung führen bei traumatisierten und/ oder gefolterten Menschen aber oftmals zu einer Retraumatisierung und damit zu einer Verschlechterung der Symptome und Verschärfung der psychischen Krisensituation“, kritisiert auch Andrea Eraslan-Weninger, Geschäftsführerin des Integrationshauses.
Eine Sonderregelung, die eine besondere Behandlung von Folteropfern und traumatisierten Personen, insbesondere im Zulassungsverfahren, vorsah, wurde durch die Novelle 2003 eingefügt und schützte sie vor Abschiebung in ein anderes 'Dublin-Land'. Eraslan-Weninger: „Die Beseitigung dieser Bestimmung durch das Asylgesetz 2005 hat schockierende Auswirkungen.“


07-12-2006, 19:45:00 |