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Vademekum für Widerständische: Miachael Amons "Nach dem Wohlstand – Politik jenseits der Menschen"

Fritz Keller

Controlling * Demographischen Entwicklung* Deregulierung * Drei-Säulen-Modell * Evaluierung * Freihandel * freier Kapitalverkehr * Globalisierung * Hedge-Fonds * Ich-Aktie * Modernisierung * Nulldefizit * Ökonomisierung * Pensionssicherung* Privatisierung * Vollbeschäftigung * … Soweit einige Floskeln aus dem Glaubensbekenntnis aller Neoliberalen.

07.09.2007

Handelt es sich bei diesen Mantras, die als modernes „Om mani padme hum“ über alle Medien unaufhörlich verkündet werden, wirklich um alleine seligmachende Wahrheiten? Nun, einige dieser Floskeln sind bereits auf den ersten Blick als plumpe Propaganda aus den untersten Schreibtischladen sogenannter „Ökonomen“ erkennbar: Zum Beispiel verbirgt sich hinter „Vollbeschäftigung“ eine (Sockel-)Arbeitslosigkeit von unter 4 Prozent (ohne Einrechnung der zur „Fortbildung“ gezwungenen Kursbesucher[nnen]). Bei anderen dieser Floskeln ist die Mogelpackung geschickter verpackt – und mit diesen setzt sich Michael Amon vorrangig auseinander. Etwa legt er überzeugend klar, warum das gepriesenen Drei-Säulen-Modell von der demographischen Entwicklung (Anstieg der „Alten“ an der Gesamtbevölkerung) ebenso betroffen sein wird, wie die staatlichen Pensionssysteme, ohne allerdings die Sicherheit öffentlicher Einrichtung zu gewährleisten. Oder er charakterisiert mit einem anschaulichen Hinweis auf die jedem(r) Klavierschüler(in) verhasste „Schule der Geläufigkeit“ den „Czerny-Menschen“ als den „idealen Bewohner des Neoliberalozoikums“, weil „er nie im Wege steht, keine Fragen stellt, aber alle Antworten kennt“.
Auf weite Strecken ist Amons Buch also ein – ohne Vorkenntnisse verständlicher – Essay von hoher literarischer Qualität. Darüber hinaus setzt er zu einer Generalattacke auf die gesamte politische Elite unseres Landes an, der er samt und sonders unterstellt, aus „Problemlösungsdarsteller“ zu bestehen, die mittels „hidden agendas“ eine „Politik jenseits der Menschen“ zu betreiben. Die Vertreter(innen) aller Parteien bekommen dabei ihr Scherflein ab:
·    Die SozialdemokratInnen, denen der Träger des Bruno Kreisky-Preises für das politische Buch selbst nahesteht, sind für ihn „Neoliberale, die es noch nicht wissen“.
·    Die ÖVP beschreibt er als „Dollfuß plus eine Prise Wirtschaftsliberalismus zuzüglich der Wahrung der Standesinteressen ÖVP-naher-Keise“.
·    „Der typische Grüne ist die Schnittmenge aller Widersprüche unseres modernen, globalisierten Zeitalters. […] Fast jeder Parteigänger einer anderen Partei wird Facetten finden, die auch in sein Weltbild passen“.
Wer allerdings hofft, mit dem vorliegenden Buch gleich einen Bauplan für eine andere „Welt, die die Welt noch nicht gesehen“ (© Rudi Dutschke) mitgeliefert zu bekommen, der wird enttäuscht werden. „Selbst wenn er Lösungsvorschläge für die Zukunft anbieten könnte, die zukünftigen Menschen würden sich nicht darum kümmern“, ist Amon nämlich überzeugt.

Michael Amon: Nach dem Wohlstand – Politik jenseits der Menschen, Molden-Verlag Wien 2007, 223 Seiten, geb., € 19.90, ISBN 978-3-85485-195-0