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Vorbereitungen zur G8-Konferenz auf Hochtouren

Heiligendamm (Mecklenburg-Vorpommern) an der Ostsee - hier findet vom 1. bis 6. Juni das Treffen der G-8 statt. Märsche gegen Armut und Existenzunsicherheit führen aber am 2.6. auch Erwerbslose, MigrantInnen und prekär Beschäftigte aus verschiedenen Teilen Europas nach Rostock. Eine internationale Demonstration am 2. Juni in Rostock (www. heiligendamm2007.de) soll den gemeinsamen Auftakt bilden. Wie bei den letzten G8-Gipfeln, gibt es auch diesmal einen begleitenden Alternativgipfel (www.g8-alternative-summit.org) vom 5. bis 7. Juni in Rostock.

24.04.2007

Vom 1. bis 8. Juni findet im kleinen Städtchen Heiligendamm an der Ostsee das jährliche Treffen der acht mächtigsten Industrienationen statt. Die Vorbereitungen dazu sind auf beiden Seiten in vollem Gange.
Seit der Bekanntgabe des Tagungsorts des G8-Gipfels versuchen die Bundesregierung und die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern unabhängig von den auf dem Gipfel behandelten Themen, den Menschen die Vorzüge des Treffens zu vermitteln. Um nicht ganz ins Abseits zu geraten, heißen sie schon mal in salbungsvollen Worten auch den G8-Protest der Globalisierungskritiker willkommen, Alibiveranstaltungen inklusive.
Dieses Treffen hat nicht nur Auswirkungen auf die Bewohner dieser landschaftlich schönen Gegend, sondern auch auf Menschen, die an ganz weit entfernten Orten der Erde leben. Für die Menschen in der Region Heiligendamm/Rostock schickt der Gipfel bereits seit Monaten seine Boten voraus: eine wachsende Anzahl von Polizisten sowie technische Sperren. Bis zu 17000 Polizisten sollen allein der "Besonderen AufbauOrganisation (BAO) KAVALA" angehören, die extra für den G8-Gipfel gebildet wurde. Dazu kommen BKA, Verfassungsschutz und weitere (Un-)Sicherheitsdienste anderer Länder in unbekannter Stärke. Kontrollen und Datenaufnahme im Umkreis des Tagungshotels gehören jetzt schon zur Tagesordnung und werden ständig erweitert.
Die Region Heiligendamm, Bad Doberan (die Stadt zu der Heiligendamm gehört) und Rostock (die größte Stadt Mecklenburg-Vorpommerns nur knapp 25 Kilometer von Heiligendamm entfernt) haben solch eine politische Herausforderung noch nicht wirklich erlebt oder gar gemeistert, weswegen es auch bei der Vorbereitung der Proteste zum G8-Gipfel einige Schwierigkeiten gibt. In den Verwaltungen machen die Beamten (nachvollziehbar) häufig den Eindruck der Überforderung.
Die politischen Ereignisse, aufgrund derer die Stadt Rostock bislang in die Schlagzeilen geriet, waren nicht unbedingt Aushängeschilder für Weltoffenheit und demokratische Verhältnisse. 1992 mussten Asylbewerber vor Nazihorden und deutsch-nationalistischem Mob fliehen, weil ihre Unterkunft angegriffen und in Brand gesteckt wurde. Die Polizei sah den Pogromen tagelang zu, unfähig (unwillig?) dagegen einzuschreiten, oder sie agierte planlos. Zum 1.Mai 2006 wurde durch die polizeiliche Absperrung der gesamten Innenstadt demokratischer Protest gegen einen Naziaufmarsch sabotiert.
Weil die G8-Regierungschefs trotz jahrelanger Kritik ihren illegitimen Gipfel abhalten und dessen Beschlüsse auf so viele Menschen rund um den Erdball Auswirkungen haben, werden diese Gipfel in jährlicher Regelmäßigkeit von größtmöglichen Protesten begleitet.
Dieser Herausforderung begegnet die Region auf unterschiedliche Weise. Während der Oberbürgermeister von Rostock und der Bürgermeister von Bad Doberan quasi wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen und hoffen, dass DAS irgendwie an ihnen vorbei geht, versuchen viele Aktive aus unterschiedlichen Zusammenhängen im Rostocker Bündnis die Proteste gegen den G8-Gipfel 2007 vorzubereiten (www.heiligendamm2007.org) und — vor allem für die weltweit anreisenden Demonstranten — eine Infrastruktur zu organisieren. Dazu wurde im Februar ein Informationsbüro eröffnet, ein Anlaufpunkt des Protests.
Auf bundesweiter Ebene bereitet ein spektrenübergreifendes Bündnis aus ca. 60 Organisationen — Kirchen, NGOs, Parteien, Erwerbslosen- und Gewerkschaftsgruppen bis zu linksradikalen Gruppen — große und dezentrale Protestaktionen vor.
Die Proteste werden durch eine "Technische Sperre" vollkommen vom Gipfelgeschehen abgeschirmt. Zudem gibt es fast keine Unterstützung durch die kommunalen Verwaltungen. Nur die Regierungsmeinungen werden also unterstützt.
Folglich ist die Vorbereitung zur Absicherung des G8-Gipfels voll im Terminplan und mittlerweile fast abgeschlossen, während die Willkommensgrüße der Bundes-, Landes- und Regionalregierungen an die Protestierenden eher Makulatur und schöne Worte sind. Selbst die bürgerliche Presse (das Blatt mit den Bildern ausgenommen) fordert seit Wochen von den Verantwortlichen "Gebt dem Protest Campflächen!" Denn obwohl schon im Oktober und November die Verantwortlichen in Rostock und im Landkreis Bad Doberan gebeten wurden, Flächen für bis zu 20000 Teilnehmende zur Verfügung zu stellen, fehlt es bis heute (Mitte März) an geeigneten Plätzen zur selbst organisierten Unterbringung. Und das in einem Land, in dem es neben Erwerbslosen und prekär Beschäftigten einzig Fläche im Überfluss gibt.
Doch es gibt auch Lichtblicke in der Organisation. Eine zum Abriss vorgesehene Schule wurde als Organisationszentrale zur Verfügung gestellt. Und die in der bundesweiten Koordination der Proteste Mitwirkenden konnten sich für die Zeit vom 1. bis 8. Juni auf einen gemeinsamen Ablauf einigen.
Märsche gegen Armut und Existenzunsicherheit führen am 2.6. Erwerbslose, Migranten und prekär Beschäftigte aus verschiedenen Teilen Europas nach Rostock. Eine internationale Demonstration am 2.Juni in Rostock (www. heiligendamm2007.de) soll den gemeinsamen Auftakt bilden. Wie bei den letzten G8-Gipfeln, gibt es auch diesmal einen begleitenden Alternativgipfel (www.g8-alternative-summit.org) vom 5. bis 7. Juni in Rostock.
Zudem gibt es Aktionstage zur Landwirtschaft, www.g8- landwirtschaft.net, Migration (www.no-lager.de) sowie zur Friedensbewegung (www.g8andwar.de). Nach dem Willen der Gruppe Block G8 (www.block-g8.org) sollen unwillkommene Regierungsgäste blockiert und an der Weiterreise nach Heiligendamm gehindert und zur Umkehr bewegt werden.
Mit einem Sternmarsch auf Heiligendamm am 7. Juni soll der direkte Kontakt zu den acht Gipfelfürsten hergestellt werden. Den Abschluss der Protestwoche bildet am 8. Juni eine große Demonstration.
Ein umfangreiches politisches Kulturprogramm mit national und international bekannten Gästen, politisch-künstlerische Darbietungen verschiedener Theaterformationen und Kleinkünstlern rundet das Programm ab.
Der vielfach angekündigte Herbert Grönemeyer ist zwar nicht direkt in dieses Programm eingebunden, wird aber in Eigenorganisation mit einer Show "Music and Massage" im IGA-Park am 7.Juni auftreten und seinen Beitrag im Rahmen "Deine Stimme gegen Armut" leisten.
Jetzt bleibt nur noch, regional, bundes- und weltweit nach Kräften zu mobilisieren. Knapp zwei Monate haben wir noch Zeit. Das Rostocker Bündnis wird auch weiterhin sein möglichstes tun, um im Juni den Protest in Rostock wirklich willkommen zu heißen.

Monty Schädel

Der Autor ist Mitglied der DFG-VK und Mitorganisator der Proteste in Rostock