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Venezuela: Haushoher Sieg für den „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“

Dario Azzellini

„Venezuela beweist dass eine neue und bessere Welt möglich ist“ rief der venezolanische Präsident Hugo Chávez vom „Balkon des Volkes“ des Regierungspalastes Miraflores wenige Minuten nach Bekanntgabe seines Wahlsieges zehntausenden Anhängern zu. Diese hatten trotz strömenden Regens die Verkündung des ersten Ergebnisses durch den Nationalen Wahlrat (CNE) vor dem Palast abgewartet.

11.05.2007

Gegen 22:00 Uhr, nach Auszählung von etwa 78 Prozent der Stimmen verkündete die Direktorin des CNE Tibisay Lucena Chávez liege mit 61,35 % der Stimmen unumkehrbar vor dem Sammelkandidat der Opposition Manuel Rosales, der auf 38,39 Prozent der ausgezählten Stimmen kam. Die Feierlichkeiten der Chávez-Anhänger, die angesichts des Favoritenstatus des Präsidenten bereits am frühen Abend begonnen hatten , verwandelten sich nach Bekanntgabe des Ergebnisses in ein riesiges Fest, das nahezu die gesamte Stadt Caracas und das Land erfasste. Vor allem der Himmel über den Armenstadtteilen wurde mit Feuerwerk hell erleuchtet. Angesichts des deutlichen Stimmenunterschieds und des strömenden Regens blieb eine Mobilisierung der Opposition weitgehend aus.
Bis auf wenige von Oppositionellen verursachten Zwischenfällen verlief der Wahltag weitgehend ruhig. Bedeutende Unregelmäßigkeiten wurden nicht gemeldet, nationale und internationale Beobachter bezeichneten in ihren ersten Erklärungen den Wahlprozess als transparent und sauber. Nach Auszählung von 85% der abgegebenen Stimmen verbesserte sich das Ergebnis ein wenig zu Gunsten von Chávez, der mit 61,62% gegen die 38,12% für Rosales führt. Da die noch auszuzählenden Stimmen aus ländlichen Regionen stammen, in denen Chávez noch größere Unterstützung genießt, dürfte sein Anteil weiter steigen. Chávez erzielte die Mehrheit in allen 24 Bundesstaaten des Landes. Selbst in der im Westen, an der Grenze zu Kolumbien gelegenen erdölreichen Region Zulia, in der Rosales bis zu seiner Aufstellung als Präsidentschaftskandidat – für die er von seinem Posten zurücktreten musste – Gouverneur war, gewann Chávez mit 50,57 gegen 49,26%.
Die zweite reguläre Amtszeit des venezolanischen Präsidenten, der im Dezember 1998 erstmals mit knapp 54% gewählt wurde, beginnt im Februar des nächsten Jahres  und dauert sechs Jahre. Chávez bekräftigte erneut, wie während des Wahlkampfes, er werde sich persönlich dafür einsetzen die Übertragung der Macht an das Volk auszuweiten. Es sei eine neue Ära angebrochen und es gelte nun die „bolivarianische Revolution“ zu vertiefen. Die Entscheidung der WählerInnen sei eine Entscheidung für den Sozialismus gewesen. Er versprach den Wohnungsbau zu verstärken und das kostenlose Bildungs- und Gesundheitssystem das während seiner Amtszeit aufgebaut wurde, weiter auszudehnen. Zudem werde der Umbau der Wirtschaft des Landes zum Sozialismus beschleunigt werden. Zugleich rief Chávez unter dem Jubel seiner AnhängerInnen einen „Krieg auf Leben und Tod gegen die bürokratische Konterrevolution und die Korruption“ aus.
Oppositionsführer Manuel Rosales räumte erst kurz vor Mitternacht seine Niederlage öffentlich ein und verkündete in zweideutiger Weise nach eigenen Umfragen sei die Unterstützung für ihn größer als an den Ergebnissen ablesbar, vermied allerdings von Wahlbetrug zu sprechen. Das Eingeständnis erfolgte so spät, da die Entscheidung der Anerkennung des Wahlsieges von Chávez im Wahlbündnis von Rosales lange kontrovers diskutiert wurde. Ein Teil weigerte sich und wollte unter dem Banner eines angeblichen Wahlbetrugs in die direkte Konfrontation treten. Letztlich setzte sich aber die von Rosales durch, der verkündete er werde nun „auf der Straße kämpfen“. Auch wenn sich einige OppositionsanhängerInnen enttäuscht abwenden werden, da der als sicher erklärte Sieg Rosales nicht eintrat, erlaubt das Eingeständnis von Rosales einen Teil der mühsam aufgebauten Mobilisierungsfähigkeit und Unterstützung zu erhalten. Allerdings werden sich nun auch die Differenzen über die zu verfolgende Strategie sowie die Machtkämpfe innerhalb des fragilen Oppositionsbündnisses verstärken.

07-12-2006, 19:52:00 |Dario Azzellini, Caracas