Nicaragua: Die Sandinistische Revolution ist Geschichte
Ralf Leonhard (DAZ)
Präsident Daniel Ortega kann heute schwerlich das Etikett Revolutionär für sich beanspruchen. Ortega ist ein populistischer Machtpolitiker geworden, der die Gesetze der politischen Intrige perfekt beherrscht.
11.05.2007
Daniel Ortega hat die Wahlen in Nicaragua gewonnen. Damit ist er nicht
nur der erste Revolutionär, der sich (1990) samt seinem System abwählen
ließ, sondern auch der erste, der über die Urnen wieder zurück kommt.
Allerdings kann er heute schwerlich das Etikett Revolutionär für sich
beanspruchen. Ortega ist ein populistischer Machtpolitiker geworden,
der die Gesetze der politischen Intrige perfekt beherrscht.
Um das Wahlgesetz nach seinen Bedürfnissen maßzuschneidern, paktierte
Ortega mit dem korrupten Ex-Praesidenten Arnoldo Aleman. Alle wichtigen
Institutionen wurden unter Gefolgsleuten der beiden aufgeteilt: Justiz,
Wahlrat, Rechnungshof, Bankenaufsicht,... Aleman, der zu 20 Jahren Haft
verurteilt wurde, genießt dank Paktes einen lockeren Hausarrest, eine
Untersuchung gegen Ortega wegen Missbrauchs seiner Stieftocher wurde
eingestellt. Der Pakt spaltete beide Parteien. Allerdings ging der Riss
bei den Liberalen tiefer. Ortega konnte den Abgang der städtischen
Intellektuellen durch die Öffnung nach rechts wettmachen. Auf seiner
Kandidatenliste finden sich ehemalige Konterrevolutionäre.
Vizepräsident wird der Unternehmer Jaime Morales Carazo, der einst als
Sprecher der Contras auftrat und in den Kabinetten der liberalen
Präsidenten gedient hat.
Diese Allianzen könnten noch als Produkt der Versöhnungspolitik
gerechtfertigt werden. Wie sich Ortega an die reaktionärsten Kreise der
Katholischen Kirche anbiedert, geht aber auch vielen überzeugten
AnhängerInnen zu weit. So wurde die Kriminalisierung der
therapeutischen Abtreibung, die die Bischöfe durchsetzen wollten, auf
Initiative der Sandinisten im Schnellverfahren durch das Parlament
gepeitscht. Und der versprochene Schwenk in der Agrarpolitik zugunsten
der existenzgefährdeten Kleinbauern klingt wenig glaubwürdig, wenn ein
sandinistisches Unternehmen zu Lasten der lokalen ProduzentInnen im
großen Stil subventionierten Reis aus den USA importiert. Die Ideale
der Sandinistischen Revolution, die einst für ganz Lateinamerika
Signalwirkung
hatten, sind und bleiben Geschichte.
(Quelle: akin-Pressedienst, 14.11.2006)
23-11-2006, 21:50:00 |Ralf Leonhard (DAZ)