NATO-Basis in Vicenza (Italien): Romano Prodi unter Druck von links
Flavia D’Angeli
Sinistra Critica beschloss auf ihrer Konferenz, eine eigene Assoziation zu gründen, ohne sich deshalb von Rifondazione Communista abzuspalten. Der Grund: Die Bilanz der Beteiligung der PRC (Partei der Kommunistischen Wiedergründung an der von Prodi geführten Mitte-Links-Regierung ist niederschmetternd. Zu diesem Ergebnis kamen die GenossInnen von Sinistra Critica (Linke Kritik), einer Strömung innerhalb der PRC, auf ihrer Konferenz.
11.05.2007
Nach zweitägiger Diskussion am 27. und 28. Januar mit über 400
TeilnehmerInnen beschloss Sinistra Critica, eine eigene Assoziation zu
gründen, ohne sich deshalb von Rifondazione Communista abzuspalten.
Die Eröffnungsrede hielt ein Genosse des Widerstandskomitees aus
Vicenza, das gegen die Erweiterung der NATO-Basis kämpft. Er führte
aus, wie die Regierung die Erwartungen der Bevölkerungsmehrheit nach
Frieden verraten hat und rief zur Teilnahme an der landesweiten
Demonstration am 17. Februar auf. Anschließend nahm Giorgio Cremaschi
von der MetallerInnengewerkschaft FIOM die Sozialpolitik der Regierung
und besonders die unlängst angekündigte Renten“reform“ ins Visier.
Elisa Coccia von der Bewegung der Lesben, Schwulen, Bisexuellen,
Transgender und Queer (LGBTQ) kritisierte das feige Lavieren der
Regierungskoalition Unione in der Frage der Homosexuellenrechte, denen
die in anderen europäischen Ländern gängige oder geplante
Gleichstellung der Lebensgemeinschaften verweigert wird. Daniel Bensaïd
von der französischen LCR erinnerte an die Notwendigkeit, die
antikapitalistische Linke auf europäischer Ebene zu vernetzen.
Kritik an Sozialabbau und Kriegskurs
Sodann wurde die neoliberale und Kriegstreiberpolitik bilanziert, die
in den vergangenen 15 Jahren sowohl von der Rechten als auch von
Mitte-Links an der Regierung betrieben wurde. Mit Verweis auf die
Verabschiedung des Haushaltsplans für 2007 – dessen Dimension des
Sozialabbaus einmalig in der Geschichte der Republik ist – die
Truppenentsendung in den Libanon, den fortdauernden Militäreinsatz
in Afghanistan und die unverminderte Unterordnung in Fragen des
Zivilrechts
und der Trennung von Kirche und Staat unter das Diktat des Vatikan
unterstrichen die GenossInnen der Sinistra Critica, wie dringlich die
Schaffung einer linken Opposition zu dieser Regierung ist, um dem
wachsenden Unmut in der italienischen Bevölkerung gerecht zu werden.
Es reicht mittlerweile nicht mehr aus, sich auf den parteiinternen
politischen Kampf zu beschränken, wie dies noch vor Eintritt in die
Regierung der Fall war. Vielmehr muss jetzt eine Opposition zur
politischen Linie der PRC-Mehrheit organisiert werden, da diese
inzwischen die neoliberale Politik mitverantwortet und mehr und mehr
als Bremser der Mobilisierungen der Betroffenen gegen diese Politik
wirkt. Die anstehende Organisationskonferenz der PRC wird Gelegenheit
bieten, die Resonanz dieser Opposition in der zunehmend passiven und
ratlosen Basis zu testen.
Die Vereinigung der Sinistra Critica versteht sich als Instrument für
autonome politische Initiativen. Ihre Aufgabe ist es, aufzuzeigen, dass
eine an dere „Rifondazione Comunista“ aufgebaut werden kann, die ihren
antikapitalistischen Anspruch nicht aufgibt. Wie es in der Diskussion
formuliert wurde, „wird die aktuelle Linie der PRC von der Basis nur
mangels Alternative und aus Furcht vor der Wiederkehr einer Regierung
Berlusconi toleriert. Und wir müssen mit unseren bescheidenen Kräften
beweisen, dass eine solche Alternative durchaus möglich ist!“ In
verschiedenen Beiträgen wurden die Achsen einer solchen Opposition zur
Regierungspolitik umrissen, die von einem wirklichen Engagement in den
sozialen Bewegungen als treibende Kraft der Mobilisierungen ausgehen
muss.
Den Schluss der Konferenz bildeten Redebeiträge von Salvatore Cannavò
und Franco Turrigliatto, Abgeordneter bzw. Senator der PRC und der
Sinistra Critica, die noch einmal ihre Weigerung bekräftigten, im
kommenden März für die Verlängerung des Militäreinsatzes in Afghanistan
zu stimmen, auch wenn die Regierung – die im Senat über nur eine Stimme
mehr als die Rechte verfügt – damit die Vertrauensfrage verknüpft. Denn
„wenn es um Krieg geht, darf eine Regierung wohl gestürzt werden und
eine Linke ist nicht mehr links, wenn sie es hinnimmt, den Krieg zu
unterstützen.”
(Februar 2007, die Autorin Flavia D’Angeli ist Mitglied von Sinistra
Critica sowie der italienischen Sektion der 4. Internationale)
02-03-2007, 12:26:00 |Flavia D’Angeli