Bolivien: Probleme bei der Verstaatlichung
Dem bolivianischen Energieminister Andrés Soliz Rada wurde am 23. August durch den Senat das Misstrauen ausgesprochen. Die rechte Opposition wirft ihm vor, die Verstaatlichung der Öl- und Erdgasreserven voranzutreiben.
25.04.2007
Am 1. Mai hatte der bolivianische Präsident Evo Morales per Dekret die
Eröl- und Erdgasreserven verstaatlicht und verlangte, dass „alle
Energiekonzerne, die derzeitig in Bolivien Gas und Öl fördern, ihre
gesamte Produktion dem staatlichen Energiekonzern YPFB (Yacimientos
Petrolíferos Fiscales Bolivianos) übergeben.“
Diese Entscheidung erzürnte den brasilianischen Ölkonzern Petrobras,
der seine Investitionen über die von der Regierung festgelegten 180
Tage zur Neuverhandlung des Vertrages bis Ende Oktober einfrieren ließ.
Bisher konnten YPFB und Petrobras noch kein Übereinkommen zur Regelung
der Öl- und Gaspreise treffen. Die Verhandlungen wurden im Juli
abgebrochen. Bolivien exportiert täglich 26 Millionen m3 Erdgas für
ungefähr 4 US-Dollar pro eine Million BTU (die Maßeinheit British
Thermal Unit ist im Erdgasbereich üblich, eine Millionen BTU sind rund
28 Kubikmeter Erdgas) nach Brasilien; das ist die Hälfte des
brasilianischen Gesamtverbrauchs. Die bolivianische Regierung hat einen
Grundpreis von 5 US-Dollar pro eine Million BTU festgelegt,
denArgentinien seit dem 15. Juli bis Ende des Jahres zahlt.
Die Entscheidung, Soliz Rada das Misstrauen auszusprechen, wurde kurz
vor der Brasilienreise des Vizepräsidenten Álvaro García Linera
getroffen, die zum Ziel hatte, die Probleme bei den Verhandlungen mit
dem brasilianischen Ölunternehmen Petrobras mit dem brasilianischen
Präsidenten Luis Inácio Lula da Silva zu besprechen. Rada wird
vorgeworfen, nicht die nötigen Verfahren gegen YPFB-Chef Jorge Alvarado
eingeleitet zu haben. Dieser wird von der Opposition der
Vetternwirtschaft, Korruption und der Verhandlung eines Vertrages
beschuldigt, der einige rechtliche Mängel aufweist und derzeitig von
einer Untersuchungsbehörde überprüft wird. Die Mitglieder der
Linkspartei MAS (Movimiento al Socialismo) enthielten sich bei der
Entscheidung, Soliz Rada das Misstrauen auszusprechen, da sie keine
Verantwortung dafür tragen wollten.
Morales enthob Alvarado am 28. August seines Amtes und ersetzte ihn
durch Juan Carlos Ortiz, den ehemaligen Leiter von Petrobras, der bis
zu diesem Zeitpunkt die Verantwortung für Verwaltung, Verträge und
Überwachung des YPFB übernommen hatte. Am gleichen Tag erteilte die
bolivianische Regierung den größten Ölunternehmen im Land, wie dem
französische Konzern Total und dem spanischen Unternehmen Repsol YPF,
eine Zahlungsfrist bis zum 1. September für eine zusätzliche Steuer von
32%, die sie als Teil des Verstaatlichungsprozesses der Öl- und
Gasreserven zahlen müssen.
Laut einem Bericht des für Erdöl zuständigen Ministeriums wurde ein
Vertrag unterzeichnet mit Hilfe dessen Öl nach Brasilien exportiert und
im Gegenzug von dort Diesel geliefert werden soll. Der betreffende
Vertrag wurde von Iberoamerica Trading unterzeichnet. Ein solcher
Vertrag verletze das erlassene Dekret zur Verstaatlichung, denn dieses
verbietet das Einbinden von Zwischenhändlern. Der Vertrag muss mit
Petrobras direkt abgeschlossen werden. Nach einem Bericht der
Regulierungsbehörde für Erdgas vom 21. Juli wäre dem Staat dadurch ein
Schaden von 38 Millionen US-Dollar entstanden, da man das Öl unter dem
internationalen Preis verkauft hätte.
Soliz Rada trat, so wie es die Verfassung verlangt, zurück, nachdem man
ihm das Misstrauen ausgesprochen hatte. Morales nutzte jedoch seine
Macht um Soliz Rada im Amt zu bestätigen und versicherte dabei, dass
„das Komplott der großen Ölkonzerne gegen den Verstaatlichungs- und
Industrialisierungsprozess der Gasvorkommen nicht stattfinden wird.“ Er
rief das Volk dazu auf, die Verstaatlichung der Gasvorkommen wachsam
mitzuverfolgen und fügte hinzu, dass es über diese Politik keine
Verhandlungen geben werde.
(Quelle: poonal, September 2006)
16-09-2006, 15:25:00 |