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Uber Dummheiten und Torheiten

Tom Kusek

Auch wenn es seit der Schwarz-Blau-Orangen Regierung unmöglich erschien, ist seit der Angelobung der Großen Koalition unter Bundeskanzler Gusenbauer die politische Diskussion in Österreich noch tiefer gesunken. Studiengebühren- und Jugendtorheitsdiskussionen lassen jeden kritischen politischen Anspruch vermissen.

24.04.2007

Bei der Debatte um die Studiengebühren kann es nicht ernsthaft darum gehen, ob Gusenbauer ein Wahlversprechen gebrochen hat und damit „die“ StudentInnen verraten hat. Bei der Debatte um die Studiengebühren sollte es auch nicht darum gehen, wie realsatirisch der Gusenbauervorschlag zur individuellen Abarbeitung der Gebühren ist.
Dies sind Scheingefechte, die die wirkliche Miserie der österreichischen Sozial- und Bildungspolitik verschleiern. Ohne Nachzudenken werden Verhältnisse akzeptiert, in denen es normal erscheint, dass SchülerInnen Nachhilfe konsumieren. Die Tatsache, dass jährlich Millionen für Nachhilfe ausgegeben werden, dass Nachhilfe ein nicht wegzudenkender Bestandteil für das Funktionieren des Schulsystems ist, muss doch die grundlegende Frage aufwerfen, welche Bildungspolitik diese Verhältnisse schafft und welche Auswirkungen diese Politik auf die vielbeschworene soziale Chancengleichheit hat.  Ein Schulsystem, das Schulerfolg erst über ein marktkonformes Angebot an individuellem Zusatzunterricht zustande kommen lässt, kann diesem Anspruch nicht gerecht werden. Dies zeigen auch die verschiedensten Bildungsstatistiken. So ist in Österreich die Schulkarriere stark vom Bildungsstandard der Eltern abhängig, und wenn man die PISA-Zahlen differenzierter betrachtet, bescheinigen sie den österreichischen Schulen ein vergleichsweise großes Auseinanderbrechen von „guten“ und „schlechten“ SchülerInnen. Dies bedeutet, dass das österreichische Bildungssystem nicht soziale Chancengleichheit fördert, sondern im Gegenteil die Schere in der Gesellschaft reproduziert.
Genauso scheint die Diskussion über Studiengebühren verfehlt. Das Vorhandensein oder die Höhe von Studiengebühren als Maßstab für einen offenen, sozial gerechten Hochschulzugang ins Zentrum der Diskussion zu rücken, verdeckt die realen Probleme. Die ungleiche soziale Verteilung der Studierenden hat nichts mit den Studiengebühren zu tun, sondern mit fehlenden Stipendien- oder Kreditprogrammen, die den Lebensunterhalt während der 4-6 Jahre Studienzeit gewährleisten.

Die Dummheit der Bildungsdiskussion wird aber noch von der Strache-Diskussion übertroffen. Nicht nur Gusenbauer, Schüssel und die meisten Medien drängen Strache zu einer verbalen Distanzierung vom Nationalsozialismus – um ihn dann schulterklopfend als wahren Demokraten, der halt eine Jugendtorheit begangen hat – abzufeiern? Wofür steht HC Strache, was hat die FPÖ noch vor kurzem im Wahlkampf verbreitet? Es ist nicht von Belang, was Strache medienwirksam verkündet, es ist von Belang, wie Straches FPÖ politisch agiert. „Daham statt Islam“. Österreich den Österreichern, „wobei die Judikatur denklogisch voraussetzt, daß die überwiegende Mehrheit der Österreicher der deutschen Volksgruppe angehört.“ (FPÖ-Programm, Kapitel 4, Artikel 1 (3)
Aber noch ein Aspekt der Diskussion stimmt bedenklich. Auch die „Parteilinken“ in der SPÖ konzentrierten sich völlig auf die „Distanzierung vom Nationalsozialismus“, hingegen bleibt das „rechte Netzwerk“, die unscharfen Trennlinien zwischen Burschenschaften, Neonazigruppen, KHD, ehemaligen Südtirol-Terroristen und Ortstafelstürmern u.ä. ,außerhalb der Kritik. So lange nicht das gesamte Spektrum der extremen Rechten – siehe dazu das „Handbuch des Rechtsextremismus“ des Dokumentationsarchivs – öffentlich kritisiert wird, solange die schlagenden Burschenschaften toleriert, der KHD auch von der SPÖ augenzwinkernd anerkannt bleibt, wird es immer wieder rechte Recken geben, die sich aus diesem Milieu bis ins Parlament vorarbeiten. Wie sich Strache schlitzohrig aus der Affäre ziehen will und wenn über Jugendtorheiten diskutiert wird, das ist politische Dummheit – wie das gesamte rechte Spektrum weiter unangetastet gesellschaftsfähig bleibt, das ist ein politischer Skandal.

01-02-2007, 15:30:00 |Tom Kusek