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Rechtsextreme planen europäische Partei - FPÖ ist mit von der Partie

Die zukünftige rechtsextreme europäische Partei, deren Motor Andreas Mölzer ist, soll "Europäische Freiheitspartei" oder "Europäische Patriotische Partei" heißen und im kommenden Jahr zu den Europawahlen antreten. So verkündeten es die Parteichefs von FPÖ, Front National, Vlaams Belang und der bulgarischen Atakia-Partei auf einer Pressekonferenz am 25. Jänner in Wien. Bis November 2008 soll eine gemeinsame europäische Parteistruktur geschaffen werden.

24.02.2008

Die EU erkennt grenzübergreifende Parteienzusammenschlüsse an und fördert sie finanziell, sofern Mitgliedsstrukturen aus mindestens sieben verschiedenen EU-Ländern daran teilnehmen. Sozialdemokraten, Christdemokraten, die Grünen und die Linke verfügen bereits über einen europäischen Parteienzusammenschluss.

Wenn die extreme Rechte aus sieben Mitgliedstaaten Parteien mit einer parlamentarischen Präsenz an einen Tisch bringen kann, hätte sie jährlich Anspruch auf 200.000 Euro Parteienförderung aus EU-Mitteln. In der Vergangenheit sind ihr solche Zusammenschlüsse zeitweise gelungen, doch sind diese auch rasch wieder zerfallen. Die Kooperation scheiterte regelmäßig daran, dass entweder jeder Chef der Größte sein wollte, oder dass nationalegoistische Interessen aufeinander prallten.
Die erste gemeinsame Fraktion rechtsextremer Parteien im Europaparlament (EP) 1989 scheiterte an der sog. Südtirolfrage: Dieses Thema entzweite deutsche/österreichische und italienische Rechtsextremisten; im Europaparlament pochten die neu eingezogenen Abgeordneten der westdeutschen "Republikaner" (REPs) unter Franz Schönhuber auf den "deutschen Charakter Südtirols".
Ein weiterer Streitpunkt war, dass zur damaligen Zeit die italienische neofaschistische Partei MSI sich nur in geringem Maße für die "Einwanderungsproblematik" interessierte: Süditalien, wo die MSI besonders stark verankert war, war damals noch weitaus eher eine traditionelle Auswanderungs- denn eine Einwanderungsregion.

Erst im Laufe der 90er Jahre wurde der "klassische" Rassismus in Bezug auf Einwanderer auch in Italien zum publikums- und mobilisierungsträchtigen Politikthema: im industrialisierten Norditalien gewann die rassistisch-regionalistische Lega Nord an Boden, in Süditalien nahmen rassistische Ausfälle gegen afrikanische Migranten zu. Im Streit zwischen den bundesdeutschen REPs und der italienischen MSI schlug sich der französische Front National (FN) auf die Seite der ersteren, weil sich Le Pen und Franz Schönhuber einig waren im Herangehen an das "Einwanderungsthema" und mit diesem Thema Erfolgschancen witterten.
Ein zweiter Anlauf für eine gemeinsame Kandidatur zu den Europawahlen 2004 zerbrach daran, dass der damalige FPÖ-Chef Jörg Haider den Kontakt zu Jean-Marie Le Pen verweigerte und stattdessen Kontakte zu einem Spaltprodukt des FN unterhielt, der National-Republikanischen Bewegung (MNR) von Bruno Mégret. Diese ist inzwischen eine Splittergruppe geworden; Jörg Haider seinerseits führt heute das "Bündnis Zukunft Österreichs" (BZÖ) an, das zunehmend bedeutungslos geworden ist.
Der ebenfalls beteiligte Vlaams Blok hat sich inzwischen in Vlaams Belang umbenannt, nachdem der belgische Oberste Gerichtshof den Vlaams Blok im Jahr 2004 als "rassistisch" einstufte und ihm den Anspruch auf Parteienfinanzierung entzog.
Auch der FN ist in Schwierigkeiten geraten: Bei den französischen Parlamentswahlen im Juni 2007 konnte die 1972 gegründete rechtsextreme Partei nur noch 4,3% der Stimmen holen, ihr mit Abstand niedrigstes Wahlergebnis seit 1984, und sie hat Schulden in Höhe von 9 Millionen Euro. Ihren Parteisitz im vornehmen Saint-Cloud bei Paris muss sie verkaufen, neuer Sitz der Parteizentrale wird Nanterre.

4 Parteien im 4. Anlauf - FPÖ ist mit dabei

Im Januar 2007 verzeichnete die extreme Rechte im Europäischen Parlament starken Zuwachs: Durch den Beitritt Rumäniens und Bulgariens kamen aus beiden Ländern große rechtsextreme Parteien hinzu. Nun waren im Parlament genügend Abgeordnete beisammen, um eine Fraktion zu bilden; sie nannte sich "Identität–Tradition–Souveränität" (ITS).
Im November vergangenen Jahres platzte sie wieder: Die italienische Abgeordnete Alessandra Mussolini hatte nach einem Mordfall in der Nähe von Rom pauschal gegen rumänische Einwanderer gehetzt und dabei auch gefordert, den rumänischen Botschafter aus Italien hinauszuwerfen. Die bis dato befreundeten Rechtsextremisten der "Großrumänienpartei" tobten.
In der Folgezeit zogen sich sowohl die italienischen als auch die rumänischen Abgeordneten aus der vorherigen gemeinsamen Fraktion zurück. Kurz darauf verlor die "Großrumänienpartei" (PRM) ihre Sitze im Europäischen Parlament: Als die rumänischen Vertreter im EP am 25.November 2007 durch die Bevölkerung neu gewählt wurden – anfänglich waren sie vom Parlament in Bukarest bestimmt worden –, musste sich auch die extreme Rechte dem Wahlvolk erneut stellen. Dieses Mal erhielt die Partei von Corneliu Vadem Tudor nur noch 3,5% der Stimmen – im Jahr 2000 war es noch ein Drittel der abgegebenen Stimmen gewesen. Die rumänische extreme Rechte ist damit als "seriöser" Bündnispartner oder verlässliche Stütze für die Euro-Rechte ausgeschieden.
Jetzt gibt es also einen vierten Anlauf. Derzeit sind erst vier Parteien beteiligt: die Front National, der Vlaams Belang, die FPÖ und aus Bulgarien Atakia. Auf der Pressekonferenz in Wien wurde jedoch angekündigt, man wolle Gespräche mit niederländischen, zypriotischen, dänischen, italienischen, griechischen, englischen und slowakischen Parteien führen.
Gespräche mit NPD oder DVU schloss FPÖ-Chef Hans-Christian Strache persönlich aus ("von mir sicher nicht"), nicht hingegen Gespräche mit der Pro Köln/Pro NRW/Pro Deutschland-Strömung. Sein Kollege Andreas Mölzer, der als Motor des Projekts gilt, nannte als gemeinsame inhaltliche Basis des Projekts die Bekämpfung einer angeblichen "Islamisierung" und der "Selbstaufgabe" Europas, sowie der "unkontrollierten (außereuropäischen) Massenzuwanderung". Man will gemeinsam zu den EP-Wahlen antreten, einen gemeinsamen Wahlkampf werde es jedoch nicht geben.


Bernhard Schmid