Österreich nach den Wahlen: Ein Ruck nach rechts
Johann Schögler
Die WählerInnenmehrheit bleibt konservativ bis rechtsextrem mit einem Überhang von ca 150 000 Stimmen.
24.04.2007
Selbst wenn nach Auszählung der Wahlkarten in einer Woche die Grünen
die FPÖ überholen und das BZÖ unter die 4% fallen sollte und damit
nicht im Nationalrat vertreten wäre, so ist eine große Koalition die
wahrscheinlichste Variante, da Gusenbauer keine Regierungskoalition mit
ein oder zwei Mandatsstimmen Mehrheit als stabil genug ansieht. Im
Vergleich zu 2002 ergibt sich, dass die SPÖ trotz eines Verlusts von
220 000 Stimmen als Sieger hervorgehen konnte, da die ÖVP gleich eine
halbe Million Stimmen verlor. Die trotz Bawag-Skandals beschränkten
Verluste der SPÖ sind auf Wahlversprechen Gusenbauers im Sozial-
Bildungs- und Gesundheitsbereich eine zur bisherigen Regierung
entgegengesetzte Linie einzuschlagen zurück zuführen. Eindeutig kommt
zum Ausdruck, dass ein Teil der WählerInnenschaft nicht mehr mit der
neoliberalen Sozialeinsparungs- und von unten nach oben
Umverteilungspolitik und Anbiederung an die Linie der EU-Kommission der
ÖVP einverstanden sein will.
Der ausländerfeindliche rassistische Wahlkampf von FPÖ/BZÖ machte sich
trotz eines 10% gen Rückgangs der Wahlbeteiligung durch einen
Nettozugwinn von 186 000 Stimmen bezahlt. Strache hat die zerbröckelnde
FPÖ stabilisiert. Die Hälfte der Stimmen des BZÖ kommen von Haider in
Kärnten. Ohne Einzug ins Parlament könnte es das Ende des BZÖ bedeuten.
Insgesamt bleibt die Wahlmehrheit in Österreich konservativ bis
rechtsextrem mit einem Überhang von ca 150 000 Stimmen. Da BZÖ und FPÖ
kaum in eine gemeinsame Koalition mit der ÖVP gehen werden, dürfte uns
diese Variante erspart bleiben.
Die KPÖ erhielt um 13 000 Stimmen (die Hälfte davon in der Steiermark)
mehr als bei der letzten NW. Der eindeutig zum bürgerlichen Lager
gehörende Martin schaffte auf Anhieb 125 000 Stimmen. Die KPÖ wird sich
die Frage stellen müssen, warum sie mit ihren Ideen unter 25% der
Nichtwählerschaft nicht auf Gehör stoßen konnte. Auf dem Terrain der
Auswirkungen der Globalisierung - Arbeitsplatz; Ausländerfrage,
EU-Kritik - konnten sowohl FPÖ/BZÖ als auch Martin punkten, nicht
jedoch die KP. Tatsache ist, dass die globalisierungs-verunsicherten
WählerInnen im nationalistisch rechts bzw rechtsextremen Lager ihr Heil
sehen und die KP auf diesem Gebiet als für nicht glaubwürdig halten. In
der Steiermark kommt die KP zwar auf 1,9% (1% 2002) und in Graz auf 3,3
% (2 %); sie konnte jedoch nichts vom Bonus der Grazer Gemeinderatswahl
(20,75% 2003) und der Landtagswahl (6,3% 2005) auf die Nationalratswahl
hinüberretten.
In allen westlichen EU-Ländern gibt es links von der Sozialdemokratie
zwei oder drei Parteien, die anti-neoliberal, antikapitalistisch den
linken globalisierungskritischen Proteststimmen eine
Ausdrucksmöglichkeit bieten. Nicht so in Österreich. Es wäre an der
Zeit, dass sich alle linken globalisierungskritischen AktivistInnen
zusammenschließen, um endlich diese Möglichkeit zu schaffen.
05-10-2006, 15:18:00 |Johann Schögler, Graz (2.10.2006)