KPÖ: Aus der Bedeutungslosigkeit in die Bedeutungslosigkeit
Boris Jezek
Walter Baier wird also demnächst als Parteivorsitzender zurücktreten, ein Nachfolger/eine Nachfolgerin aus dem Kreis des Bundesvorstands der KPÖ gewählt werden.
24.04.2007
Baier hat seinen Rückzug bereits beim Parteitag angekündigt, somit
passiert erst einmal nichts Überraschendes. Dennoch schlugen die Wellen
in der KPÖ hoch, hunderte Postings im „Standard“ zur Meldung des
Baier-Rückzugs kamen – wie z.T. aus Namen und z.T aus der Verwendung
interner Abkürzungen ersichtlich – von KPÖlerInnen bzw. aus dem Kreis
der zuletzt Ausgeschlossenen oder Ausgetretenen. Und sie geben ein
deutliches Bild, auf welch tiefem Niveau die Auseinandersetzungen
bereits angelangt sind.
Über den Neuen oder die Neue nach Baier wird der KPÖ-Bundesvorstand im
März entscheiden. Sicher ist nur, dass es kein/e VertreterIn der
steirischen KPÖ sein wird, denn die KP-Steiermark hat am Parteitag 2004
nicht teilgenommen und daher auch kein Mitglied im Bundesvorstand. Wer
am Rande die Haltung der steirischen KPÖ zur Bundespartei verfolgt hat,
muss wohl zu dem Schluss kommen, dass die SteirerInnen ihre eigene
Politik durchziehen – mit beachtlichen Wahlerfolgen – aber aus der
Ferne zusehen, wie die restliche KPÖ langsam vor sich hin stirbt. Weder
beteiligte sich die KPÖ-Steiermark am Parteitag, noch unterstützte sie
die Wiener KPÖ besonders engagiert bei den (kurz nach der steirischen
Landtagswahl stattfindenden) Wiener Gemeinderatswahlen.
Was hinterlässt Walter Baier nach 12 Jahren Parteivorsitz: eine KPÖ,
die formal mit dem Stalinismus gebrochen hat, aber bei ihrem Umgang mit
innerparteilicher Demokratie noch immer Schwierigkeiten hat. Er
hinterlässt eine Partei, die in mehrere Strömungen zerfällt, die
teilweise nicht mehr kooperieren. Er hinterlässt eine Partei, die sich
nach einer Phase der Öffnung – zumindest nach außen hin, wie ehrlich
diese Öffnung gemeint war, bleibt dahin gestellt – wieder ganz darauf
eingeschworen hat, „die“ Alternative zum Neoliberalismus zu sein und
die auf die alte Taktik eingeschwenkt ist (oder sie nie in Frage
gestellt hat), AktivistInnen sozialer Bewegungen und unorthodoxe Linke
zu belügen und in „KPÖ-unterstützten“ Wahlkampagnen zu
instrumentalisieren. Er hinterlässt eine KPÖ, die sich auch auf Kosten
sozialer Projekte finanziell sanierte (EKH-Verkauf).
In der ZIB 3 kommentierte Baier vollmundig die Frage nach einer
„Linkspartei“ à la Deutschland mit dem Hinweis, dass eine solche in
Österreich nicht nötig wäre, weil die KPÖ diese Rolle erfülle. Er
hinterlässt eine Partei, die zwar ihre Rolle im Stalinismus in einem
Buch aufgearbeitet hat, die aber noch immer von Stalin-NostalgikerInnen
durchsetzt ist – und selbst Walter Baier sieht sich in seinem
Abschiedsbrief in der Tradition von so „hervorragenden
Persönlichkeiten“ wie Koplenig und Muhri (Quelle: www.kpoe.at), die
immerhin (u.a.) die Einmärsche sowjetischer Truppen in Ungarn 1956 bzw.
der CSSR 1968 begrüßt haben.
Vom neuen/von der neuen KPÖ-Vorsitzenden sind keine wesentlich neuen
Impulse für politische Veränderungen zu erwarten. Die KPÖ hat durch die
jahrzehntelange Kontinuität des Finanzverantworlichen eine
kontrollierende Machtposition, die dafür sorgt, dass der/die
Vorsitzende große Sprünge nur im Rahmen des Wünschenswerten macht. 1990
etwa verweigerte der (damalige wie derzeitige) Finanzverantwortliche
Michael Graber der damaligen KPÖ-Vorsitzenden Susanne Sohn einen
Überblick über die Parteivermögen (inklusive einer Liste der
parteieigenen Unternehmen und Immobilien) und warf ihr wegen ihrer
Anfrage „parteischädigendes Verhalten“ vor.
Aber auch die politische Homogenität des KPÖ-Bundesvorstands, aus
dessen Mitte der/die Neue kommen wird, ist eine Garantie für
Kontinuität. Für die österreichische Linken bleibt die KPÖ unter diesen
Vorzeichen bedeutungslos. Nein, schlimmer, sie stellt weiterhin ein
Hindernis für die Neuformierung einer unorthodoxen und
unsektiererischen linken Bewegung dar.
04-03-2006, 21:22:00 |Boris Jezek