Die Arbeitslosenversicherungsgesetznovelle ist durch!
Ein paar 'Goodies' in der AlVG-Novelle dürfen nicht über repressiven Charakter hinwegtäuschen, warnen Alternative und Grüne GewerkschafterInnen (AUGE).
16.12.2007
Am 6.12.07 hat das Parlament eine weitere Novelle des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) verabschiedet. Damit wird unter anderem die im Regierungsprogramm angekündigte Einbeziehung der freien DienstnehmerInnen und der Selbstständigen in die Arbeitslosenversicherung umgesetzt.
Gleichzeitig wurde die Gelegenheit zu weiteren Verschärfungen im Umgang mit Erwerbsarbeitslosen genutzt. "Anstatt mehr Rechtssicherheit für Betroffene zu schaffen und wirksame Angebote gegen Arbeitslosigkeit festzuschreiben , wurden ohne Rücksicht auf die allgemeinen Rahmenbedingungen weitere Möglichkeiten zu Statistikbeschönung geschaffen. Damit werden die Arbeitslosen statt die Arbeitslosigkeit bekämpft," kritisiert Veronika Litschel, Sozialexpertin der Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen (AUGE/UG) und Mitglied des Vorstandes der AK Wien wesentliche Punkte der AlVG Novelle.
Praktiken, die der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals als unzulässig festgeschrieben hat, wurden nun gesetzlich verankert: So ist die verbindliche Vermittlung in Maßnahmen des AMS und in den Pool von Arbeitskräfteüberlassern nicht mehr an die Sinnhaftigkeit oder Fragen der Qualität gekoppelt. Verweigern Betroffenen die dritte Wiederholung des (bereits beim ersten Mal sinnlosen) Bewerbungstrainings, dann kann ihnen der Bezug des Arbeitslosengeldes gestrichen werden. "Dies trifft vor allem Menschen an der Schwelle zur Langzeitarbeitslosigkeit und hat im Endeffekt rein statistische Auswirkungen. Das heißt, Menschen, die kurz vor der Langzeitarbeitslosigkeit stehen, werden in befristete Kurse welcher Art auch immer geschickt. Nach einem Monat Kurs zählt die Statistik jene Betroffenen nicht mehr als Langzeitarbeitslose. So können Betroffenenzahlen verändert und vermeintliche Erfolge gefeiert werden, ohne, dass es für die Erwerbsarbeitslosen irgendeine positive Auswirkung hätte," so Litschel.
Weitere Kernaufgaben der Arbeitsmarktverwaltung und des AMS werden auf private Vermittler und Arbeitskräfteüberlasser ausgelagert. "Dies ist nicht nur in Hinblick auf die Wahrung von Qualität und Kontinuität problematisch. Durch diese Aufgabenübertragung bekommen private, auch gewinnorientierte Anbieter immer größeren Zugriff auf die umfangreiche Datensammlung des AMS. Den Betroffenen ist es nicht möglich, diese Datenweitergabe zu kontrollieren oder zu beeinflussen," warnen die Alternativen und Grünen GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen.
Durch die Ermöglichung eines freiwilligen Beitritts von Selbstständigen in die Arbeitslosenversicherung wird die solidarische Finanzierung der Arbeitslosenversicherung untergraben. "Nicht umsonst ist die Arbeitslosenversicherung für alle unselbstständig Beschäftigten Pflicht. Andernfalls würden sich nämlich nur die Menschen versichern, die ein sehr hohes Risiko haben arbeitslos zu werden, damit käme es zu veritablen Finanzierungsengpässen. Nun, die große Koalition macht es möglich: Mit dieser Gesetzesänderung müssen unselbstständig Beschäftigte das Risiko von Selbstständigen mit unsichern Ausgangslagen - die anderen werden sich nämlich nicht versichern - finanzieren", kritisiert Litschel weiter.
Dringender Novellierungsbedarf in der Arbeitslosenversicherung bestünde - neben der begrüßenswerten und von der AUGE/UG schon lange eingeforderten Einbindung freier DienstnehmerInnen in die Arbeitslosenversicherung - nämlich tatsächlich, allerdings in eine andere Richtung: "So steht die Erhöhung der Nettoersatzrate immer noch aus, wird Qualitätssicherung in der Arbeitsmarktverwaltung nicht thematisiert, sondern privatisiert, Instrumente der Repression
gegenüber Arbeitslosen nicht abgebaut, sondern verschärft und fehlt von einer dringend benötigten Arbeitslosenanwaltschaft noch immer jede Spur. Auch fehlt nach wie vor der Rechtsanspruch auf eine Bildungskarenz. Die 'Goodies' im AlVG-Paket dürfen jedenfalls nicht über den repressiven Charakter der Novelle hinwegtäuschen," schließt Litschel.
Quelle: AUGE