Aufruf zur Euromaydayparade am 1. Mai 2006: „MayDay! MayDay! Wir sind das Prekariat!
Redaktion
Auf Abruf verfügbar, nach Belieben auszubeuten und nach Lust und Laune kündbar: Wir sind wendige JongleurInnen unserer Jobs, wahre Schlangenmenschen der Flexibilität. Aber seid auf der Hut: Wir sind drauf und dran, unsere prekären Kämpfe zu vernetzen!
24.04.2007
Bereits seit einigen Jahren machen die prekarisierten ArbeiterInnen und
Erwerbslose auf sich und ihre Arbeitskämpfe am 1, Mai aufmerksam. Auch
am 1. Mai 2006 finden in zahlreichen Städten Europas Euromaydayparaden
statt. Die Sozialistische Alternative (SOAL – österreichische Sektion
der 4. Internationale) unterstützt diese Initiative und lädt auch ihre
FreundInnen und SympathisantInnen ein, sich an der Euromaydayparade in Wien zu beteiligen – Treffpunkt 14:00 Uhr, Yppenplatz, 1160 Wien; Abschlussfest 19:00 Uhr im Bacherparkt, 1050 Wien.
Der Begriff der „Prekarität“ ist ebenso wenig neu, wie der Sachverhalt,
den er bezeichnet. Für viele, insbesondere Frauen und MigrantInnen, ist
er schon seit langem alltägliche Normalität. Nichtsdestotrotz gewinnt
die Entsicherung unserer Arbeits- und Lebensbedingungen unter den
gegenwärtigen Bedingungen des neoliberalen Umbaus eine neue Qualität:
Prekarität erfasst zusehends die gesamte Gesellschaft. "MayDay!" – das
Alarmsignal von in Seenot geratenen Schiffen – haben wir jedoch nicht
bloß deshalb zum „Schlachtruf“ erkoren, um diesen Zustand zunehmender
Verletzbarkeit zu betonen. „Mayday!“ wird auch die Losung unseres
Kampftags, des 1. Mai, sein.
Von den traditionellen Maiaufmärschen werden sich unsere Aktivitäten an
diesem Tag durch lautstarke, bunte und kreative Formen des Kampfes und
der Organisation unterscheiden. Aber auch durch die Verschiebung des
inhaltlichen Schwerpunkts von einer abstrakten Feier der Arbeit hin zur
Auseinandersetzung mit der konkreten Prekarisierung von Arbeit und
Leben.
Wir wollen nicht Repräsentanten für uns sprechen lassen sondern selbst
handeln. Wir wollen uns in vielfältigen und hierarchiefreien
Aktionformen ausdrücken. Damit sollen die verschiedensten Aspekte der
gegenwärtigen Prekarisierungsprozesse der Unsichtbarkeit entrissen und
verhandelbar gemacht werden; nicht um die Unterschiede zu nivellieren,
sehr wohl jedoch um den vorherrschenden Zustand der Zersplitterung und
Vereinzelung zu überwinden und eine Basis für gemeinsames politisches
Agieren zu schaffen.
Denn das, was die zu Niedrigstlöhnen schuftende Supermarktangestellte
und der sich durch geringfügige Jobs und unbezahlte Praktika wurstelnde
Student, was die sozialversicherungslos werkelnde Kulturarbeiterin und
der unter ständigen Disziplinarandrohungen stehende Erwerbsarbeitslose,
was die papierlose und dadurch umfassend entrechtete Sexarbeiterin und
der nicht bloß freiberuflich arbeitende, sondern auch von
längerfristigen Perspektiven „befreite“ Webdesigner sowie alle ihre
Zwischen- und Mischformen gemein haben, ist eben jenes sehr
unterschiedlich ausgeprägte Moment der Prekarität. Gemeinsam ist ihnen
aber auch der Wunsch nach sozialen Sicherheiten für ein Leben, das
flexibel, aber ohne den fremdbestimmten Zwang zur Flexibilität
gestaltet werden kann.
Der Euro-MayDay soll als Initialzündung für eine stärkere Vernetzung
unserer prekären Kämpfe fungieren und das kollektive Bemühen um soziale
Rechte – unabhängig vom jeweiligen Beschäftigungs- und
Aufenthaltsstatus der Betroffenen – vorantreiben. International
vernetzt werden deshalb auch heuer wieder in unzähligen europäischen
Städten hunderttausende Menschen am 1. Mai auf die Straße gehen. Und
auch wir rufen Euch alle dazu auf, gemeinsam mit uns die
Euro-MayDay-Parade in Wien zu gestalten. Denn dem prekären Arbeiten und
Leben kann nur mittels einer Bündelung unserer Kämpfe begegnet werden,
um die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen!
14-04-2006, 18:25:00 |Linke-Redaktion