die Linke

Menüpfad zur ausgedruckten Seite: Home Artikel International KP Frankreichs: Sehenden Auges bergab
Adresse: https://dielinke.at/artikel/international/kp-frankreichs-sehenden-auges-bergab/

KP Frankreichs: Sehenden Auges bergab

Hat die KP noch eine Zukunft? Ist sie noch reformierbar? Soll sie sich öffnen? Soll sie sich mit anderen Gruppierungen zusammentun? Wie kann sie sich von der Umklammerung der sozial-liberalen SP trennen? Kann die KP bei Wahlen noch eine Trendwende ihrer Krise einleiten? Welches Parteimodell mit welcher Demokratie? Kann sie sich noch klassenkämpferisch einbringen oder hat sie die Basis verloren? Welche Antworten und welches Programm auf die Systemkrise des Kapitalismus? Vor diesen Fragen stand die KPF vor ihrem 34. Kongress Mitte Dezember. Und um es vorwegzunehmen: diese Orientierungsfragen blieben trotz viertägiger Diskussionen unbeantwortet.

19.12.2008

Die wesentlichen politischen Orientierungsfragen blieben trotz viertägiger Diskussionen am Parteitag der KPF unbeantwortet. Die Mehrheit will „weitermachen wie bisher“. KritikerInnen versuchen, neue Gruppierungen innerhalb oder außerhalb zu gründen.

Zwischen 11. und 14. Dezember 2008 fand in Paris (la Défense) der 34. Kongress der KPF statt. Von den 873 Delegierten wurde Buffet mit 67,7% zum vierten Mal in Folge als Parteivorsitzende wiedergewählt. Vor 3 Jahren hatte sie noch 91% erhalten. Buffet ist angetreten, obwohl sie nach dem schlechtesten Wahlergebnis (1,93% bei der Präsidentschaftswahl 2007; bei der sie unter ihrem Namen und nicht als KP angetreten war; die KP war vor ihrem kontinuierlichen Niedergang seit 3 Jahrzehnten die stärkste Kommunistische Partei in Westeuropa mit 29%) sagte, dass sie bei diesem Kongress der Erneuerung zurücktreten wolle. Sie kündigte jedoch an, dass es eine kollegiale Führung (8 Leute) geben werde und dass sie selbst in ein oder zwei Jahren  nach ihrer Erfahrungsweitergabe von der Spitze zurücktreten werde.

Drei weitere Listen waren gegen sie angetreten: Jene von André Gerin erhielt 10,2% (die orthodoxe Gruppierung) die sich gegen „ jeglichen kommunistischen Identitätsverlust“ zur Wehr setzt. Nicolas Marchand`s Liste erhielt 5,62%. Er kritisierte die Schwenks und das „ ständige Zurückweichen“ von Buffet. Die dritte Liste wurde angeführt von Marie-Pierre Vieu (ein Zusammenschluss der „Einheitskommunisten“ und „Veränderer“ um Jean-Claude Gayssot. Mit 16,4% konnten sie über ihre eigene Anhängerschaft hinaus einen kleinen Teil der Delegierten der Mehrheitsgruppierung überzeugen.

Buffet wurde auch eine "Schizo-Strategie" vorgeworfen, da sie einerseits die Partei als solche weiter stärken will und andererseits eine „Linksfront“ mit anderen Kräften für die EU-Wahlen anstrebt (Jean-Luc Mélenchon; Bové …). Der Kongress brachte keine Klarheit über die Zukunft der KP: Kann sie sich so verändern, dass sie sich mit anderen radikalen Links-Gruppierungen zusammenschließt? Wie kann sie sich von einer sozial-liberalen SP befreien, in deren Fahrwasser sie unweigerlich treibt, da ein Großteil der Mandate nur in Abhängigkeit von der SP zustande kommt.

Als Diskussionsgrundlage für die Debatten (die übrigens alle direkt per Internet mitverfolgt werden konnten) auf dem Kongress diente jener einzig zugelassene Text, der mehrheitlich von der Parteibasis Ende Oktober beschlossen worden war (60,91%). Die Realität sieht jedoch etwas anders aus. Die Partei gibt an, noch über 134.000 Mitglieder zu haben; Ende Oktober waren jedoch nur 78.779 Mitglieder wahlberechtigt (die anderen hatten ihre Beiträge nicht bezahlt),  21.949 haben für diesen Text als Grundlage für den Kongress gestimmt. Das sind 25%; jede/r zweite hat sich der Stimme enthalten und 9,22% haben ungültig gewählt.

Die KritikerInnen des Orientierungstextes finden die Widerstandsperspektive, die der Text in der „Versammlung der gesamten Linken“ vorschlägt, eine ungenügende Perspektive. Der Text bestand aus vier Blöcken: 1. Der internationale Kontext; 2. der Niedergang des französischen Kapitalismus; 3. kritische Bilanz; 4. der Marxismus.

Kritik kam auch von Robert Hué, der vor Buffet zehn Jahre an der Spitze der KP stand, und der diesmal nicht am Kongress teilnahm. Vor zwei Wochen hat er sich aus dem Nationalen Rat der KP freiwillig zurückgezogen, da für ihn die KP nicht mehr „reformierbar“ ist  und er gründete die Vorstufe für eine neue Partei „Neuer progressiver Raum“ (Nouvel Espace Progessiste): Hué meint: Der Kommunismus und die Sozialdemokratie sind gescheitert. Als er an der Spitze der KP war, habe er versucht, eine Erneuerung durchzubringen, sei jedoch auf zu großen Widerstand gestoßen, da die Partei vom bolschewistischen Parteimodell nicht wegzubringen war.

Jean-Claude Gayssot, ehemaliger Transportminister in der Koalitionsregierung SP-KP unter Lionel Jospin, sprach von „Säuberungen“, da eine Woche vor dem Kongress die meisten „Neugründer“ vom Nationalen Rat ausgeschlossen worden waren, weil sie nicht die Linie von Buffet vertreten haben. Auch die „Einheitskommunisten“ haben eine neue Gruppierung gegründet: „Die Einheitskraft der anderen Linken“.

Johann Schögler, 15.12.08