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Israel - Gaza: Die „Ausgewogenheit“ der israelischen Schöngeister

Der linke Israeli Michael Warschawski kritisiert Intellektuelle und Künstler, die "den Mördern Schützenhilfe leisten, indem sie die intellektuelle und pseudomoralische Rechtfertigung liefern und somit als Propagandaeinheit für Regierung und Armee fungieren".

07.01.2009

Barak, Olmert, Livni und Ashkenazi (Generalstabschef der israelischen Armee, d. Übers.) werden ihre Kriegsverbrechen eines Tages vor einem Gerichtshof verantworten müssen – wie andere Kriegsverbrecher auch. Insofern ist es unsere Pflicht, über ihre Taten und Propaganda zu informieren, um sicherzustellen, dass sie für die von ihnen angeordneten und begangenen Massaker bezahlen müssen.

Daneben gibt es jedoch eine zweite Kategorie von Verbrechern, die sich ihrer Verantwortung jedoch durchaus entziehen könnten. Sie machen sich die Hände nicht schmutzig mit dem Blut von Zivilisten, sondern leisten den Mördern Schützenhilfe, indem sie die intellektuelle und pseudomoralische Rechtfertigung liefern und somit als Propagandaeinheit für Regierung und Armee fungieren.
Paradebeispiele für diese erbärmlichen Schreibtischtäter sind die israelischen Schriftsteller Amos Oz und A. B. Yehoshua und dies nicht zum ersten Mal! Bei jedem Krieg Israels sind sie als Freiwillige dabei, ohne dass man sie erst offiziell dafür bemühen muss. Ihre vornehmste Pflicht ist es, rechtfertigende Gründe für die israelischen Angriffe beizusteuern, um dann im Nachhinein die verlorene Unschuld zu bejammern und die Gegenseite zu beschuldigen, Israel zur Brutalität gezwungen zu haben. Die von Oz im Corriere de la Sera und von Yehoshua in La Stampa vorgebrachten Argumente beziehen sich natürlich auf die Raketenangriffe auf Sderot und die Notwendigkeit darauf zu reagieren, als wäre dies der Ausgang allen Übels. In Haaretz schreibt Yehoshua am 30. Dezember: „Meine Pflicht war es, den Italienern zu erklären, warum die israelische Militäraktion erforderlich war“.
Alle beide schweigen sie darüber hinweg, dass Israel 18 Monate lang einen brutalen Belagerungszustand über eineinhalb Millionen Menschen verhängt hat und sie ihrer elementarsten Bedürfnisse beraubt hat. Sie schweigen über den israelischen und internationalen Boykott der demokratisch gewählten palästinensischen Regierung. Sie schweigen über die gewaltsame Trennung von Gazastreifen und Westjordanland, mit der die Bevölkerung von Gaza wegen ihres inkorrekten Wahlverhaltens bei den demokratischen Wahlen isoliert und bestraft werden sollte.
Nachdem sie die Chronologie der Ereignisse auf den Kopf gestellt haben, bemühen beide das Argument der Symmetrie beider Seiten, die gleichermaßen zur Gewalt greifen und unschuldige Opfer sowohl in Gaza als auch in Israel treffen. In der Tat ist jedes zivile Opfer ein unschuldiges Opfer. Aber die Chronologie und die Opferzahlen sind nicht ohne Bedeutung. 3 israelische Zivilisten wurden  im Süden Israels getötet, aber das erst nachdem die israelische Luftwaffe ihr geplantes Massaker in Zentrum Gazas mit über 300 Toten durchgeführt hat.

Mit ihrer Stellungnahme wollen diese beiden bekanntesten Intellektuellen Israels die moralische Legitimation schaffen für die Unterstützung, die die linkszionistische Meretz-Partei dem verbrecherischen Angriffskrieg des Verteidigungsministers Barak zuteil werden lässt. Auch Meretz wird zu gegebener Zeit ihre Opposition zu den Morden kundtun, dann nämlich, wenn die „internationale Gemeinschaft“ ihre Besorgnis über das Fehlverhalten Israels zum Ausdruck bringen wird. Im Moment jedoch schweigt diese „internationale Gemeinschaft“ und scheint ganz glücklich über den israelischen Beitrag zum heiligen Kreuzzug gegen die globale islamische Bedrohung zu sein.

Zum Zeichen ihrer Besorgnis schickt Europa (symbolische) humanitäre Hilfe an die Bevölkerung von Gaza. Wenn ich den französischen Außenminister Bernard Kouchner höre, wie er die israelische Militäraktion unterstützt und zugleich ankündigt, humanitäre Hilfsmittel nach Gaza entsenden zu wollen, werde ich unweigerlich daran erinnert, wie die Delegationen des Internationalen Roten Kreuzes die Vernichtungslager der Nazis mit Schokolade und Kekse als Mitbringsel besichtigt haben.
Ich weiß wohl, dass der Vergleich hinkt, aber kein Mensch kann seine gedanklichen Assoziationen kontrollieren.
Bernard Kouchner kann sich freilich auf mildernde Umstände berufen, darauf nämlich, dass die arabischen Regierungen und namentlich Hosni Mubarak die israelischen Angriffe gleichfalls unterstützen. Und auch sie werden Schokolade und Kekse an die Kinder in Gaza schicken, ausgenommen denen natürlich, die tot im Shifa-Hospital liegen.

Michael Warschawski, Jerusalem, den 30.12.2008
(Quelle: rsb - 4. Internationale, Übersetzung: MiWe)