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Israelische Aggression gegen Gaza mit Einverständnis der arabischen Ölmonarchien

Der israelische Militärschlag gegen die palästinensische Bevölkerung des Gaza wurde mit Rücksicht auf Barack Obama vor dessen Amtseinführung und mit Wissen der "Araber Amerikas" - den Ölmonarchien, der jordanischen Monarchie und Ägyptens - ganz exakt vorgeplant.

05.01.2009

Die von Israel verübte Aggression gegen den Gazastreifen war dermaßen vorüberlegt, dass sie bereits am Tag davor (am Samstag) in mehreren arabischen Tageszeitungen angekündigt wurde. Die präziseste Information stand in der nationalistischen palästinensischen und arabischen Zeitung "al-Quds al Arabi" (Arabisches Jerusalem), die in London erscheint. Walid Awad, der Korrespondent der Tageszeitung, berichtete aus Ramallah, er habe „aus verlässlichen arabischen Diplomatenkreisen“ vernommen, dass „General Omar Suleiman, Chef des ägyptischen Geheimdienstes, gewisse arabische Hauptstädte informiert habe, dass Israel eine begrenzte Offensive gegen den Gaza-Streifen durchführen werde, um Druck auf Hamas auszuüben, damit sie einen Waffenstillstand ohne Vorbedingungen akzeptiere.

Diese Quellen haben hinzugefügt, dass General Suleiman bei dem Besuch der israelischen Außenministerin, Tzipi Livni, auf das Erfordernis hingewiesen habe, während der Militäroperation zivile Opfer zu vermeiden, damit nicht die Bilder von Unschuldigen dazu benutzt werden können, die ‚arabische Straße‘ in Aufruhr zu versetzen.“

Genau dieses vorher abgesprochene Szenario wurde dann an dem Tag, als der Artikel erschien, umgesetzt: Die israelische Regierung ergriff einen ganz normalen Vorwand, nämlich den Abschuss von Raketen aus dem Gaza-Streifen (diese Raketen selbst sind schon nichts anderes als eine Vergeltung) und ließ die Luftwaffe ihre grausamen Angriffe auf Gaza fliegen, wobei sie ihr Feuer auf die von der Hamas-Regierung befehligten Sicherheitskräfte richtete, ganz gemäß der Bitte des Chefs der ägyptischen Geheimpolizei, der mehr darum bemüht war, die Reaktion der Öffentlichkeit in seinem Land einzudämmen als das Leben von PalästinenserInnen zu schützen.

Das Einverständnis der „Araber Amerikas“, wie die Menschen der „arabischen Straße“ die Ölmonarchien des Golfs, die jordanische Monarchie und Ägypten bezeichnen, mit Israel ist damit offen zu Tage getreten. Der ägyptische General stimmt mit Tzipi Livni das Szenario des Blutbads ab, das Israel den PalästinenserInnen in der Zeit der Feste und der Geschenke bereitet, während in der gleichen Zeit in Washington die Geschenke aufgelistet werden, die arabischen Monarchen der amerikanischen Außenministerin Condoleeza Rice überreicht haben: Schmuck im Wert von mehreren hundert Millionen Dollar, darunter ein Halsband, das auf 170 000 $ geschätzt wird, sowie ein Geschmeide aus Rubinen und Diamanten vom jordanischen König im Wert von geschätzten 147 000 $ (Associated Press, 22.12.08). Diese extravaganten Geschenke sind in den Augen der arabischen Massen umso skandalöser, als diese arabischen Herrscher wussten, dass sie diese Neujahrsgeschenke Condoleeza Rice nur noch für ihre verbliebene Amtszeit überreichen konnten und dass nach amerikanischem Gesetz diese Geschenke nicht ihrer Person zufließen dürfen, sondern nach ihrer Amtszeit in den Tresoren der Regierung vereinnahmt werden.

Wenn sich „Amerikas Araber“ in ihren unterwürfigen Ergüssen gegenüber Washington so wenig Zurückhaltung auferlegen, während die Bush-Regierung die von den „arabischen Straßen“ am meisten verhasste ist und die arabischen Massen nur von einer Art Geschenk träumen, die sie Georges Bush und seiner verabscheuten Regierung anbieten wollen, nämlich Schuhe ins Gesicht, ganz nach dem Vorbild des irakischen Journalisten Muntazar al-Zeidi, der für arabischen Massen zum nationalen Helden geworden ist, dann kann mensch sich vorstellen, wie sich erst diese Machthaber nach der Amtseinführung von Barack Hussein Obama verhalten werden: höchst wahrscheinlich ohne die geringste Zurückhaltung.
Der Amtswechsel in Washington lässt, wenn man sich die neue Regierungsmannschaft anschaut, keine substantielle Änderung der amerikanischen Politik im Nahen Osten erwarten, aber die Fassade wird erneuert: weg vom Imperialismus mit scheußlichem und islamfeindlichen Gesicht zu einem Imperialismus mit menschlichem Antlitz, schwarz und islamfreundlich. Das ist Sinn und Zweck der großen Rede, die Obama nach seiner Amtseinführung an die moslemische Welt richten will. Die USA, deren Interessen im Nahen Osten durch die ungeschickte Politik der Bush-Regierung in Gefahr geraten sind, müssen in der moslemischen Welt ihr Ansehen aufpolieren, um ihre militärische Überlegenheit durch eine politische Hegemonie zu ergänzen. Das ist einer der wesentlichen Gründe, warum das Großkapital in den USA Obama unterstützt hat, wohingegen die Wählerinnen und Wähler sich aus ganz anderen Gründen für ihn mobilisierten.

Das Timing der israelischen Operation wurde vor diesem Hintergrund gewählt: Dieser große Schlag gegen den Gaza-Streifen musste vor der Amtseinführung Obamas durchgeführt werden, um nicht von vornherein seine Außenpolitik zu kompromittieren. Der Erfolg dieser Politik wird in Zukunft ähnlich brutale Aggressionen gegen einen Feind erleichtern, der umso leichter dämonisiert werden kann als der amerikanische Präsident als Engel dasteht.

Gilbert Achcar
(Dieser Artikel erschien in "Il Manifesto" am 28. Dezember 2008, Übersetzung: D. B.,  Quelle: rsb/4. Internationale)