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Ein Überblick über die Ereignisse in Kambodscha

Andreas Kranebitter

Kambodscha von 1863 bis heute im Zeitraffer

24.04.2007

1863-1953:
Kambodscha ist französisches Protektorat. Mehr noch als in Vietnam beschränkt sich der französische Kolonialismus auf die Ausbeutung der Rohstoffe; sozial und kulturell wird eine immense Rückständigkeit produziert. 1889 gibt es in Kambodscha ganze 23 LehrerInnen, 1900 sinkt die Zahl auf 7 (Kiernan 1985, S.xiii).

1941-1945:
Japan überfällt Indochina; französisch-japanische Co-Regentschaft.

1945-1953:
Antikolonialistische Truppen der Khmer Issarak und National United Front (KP Indochinas) regieren bereits mit Unterstützung des Vietminh über mehr als die Hälfte des Territoriums Kambodschas. 1953 entlässt Frankreich Kambodscha in die Unabhängigkeit: Prinz Norodom Sihanouk wird nun (obwohl schon 1941 gekrönt) der erste König der „unabhängigen“ Monarchie.

1954:
Ende des I. Indochinakrieges (antikolonialer Krieg gegen Frankreich) durch die Genfer Konferenz zur Korea- und Indochinafrage. Die Sowjetunion und China, sowie in deren Gefolge der Vietminh, stimmen einer Teilung Vietnams in Nord und Süd und dem Abzug der Vietminh aus Kambodscha zu.

1954-1970:
Die USA übernehmen die Rolle Frankreichs als Lokalimperialist. Sihanouk „verselbständigt“ sich bald und versucht durch prinzipienlosen Opportunismus politisch zwischen den diversen Interessen verschiedener Bevölkerungsschichten und international zwischen Ost und West zu manövrieren. Dies zwingt ihn u.a. dazu, sich als „buddhistischen Sozialisten“ zu bezeichnen und in den 60er-Jahren Banken und Konzerne zu verstaatlichen. Er wird von der UdSSR, China und Vietnam diplomatisch und sogar militärisch unterstützt – mit Waffen, die er innenpolitisch gegen die kommunistische Bewegung in Kambodscha richtet. Nach einer BäuerInnen-Revolte u.a. in Samlaut 1967, die blutig niedergeschlagen wird, beschließt die Kommunistische Partei Kampucheas, den bewaffneten Kampf aufzunehmen – gegen Forderungen Vietnams und Chinas. Die Roten Khmer und ihr Konflikt mit der Vietnamesischen KP erstarken.

1970-1975:
In einem rechten Militärputsch mit vermutlicher US-Beteiligung wird Sihanouk von Lon Nol gestürzt. Er steigt auf Pekings Angebot einer Volksfront mit den Khmer Rouge ein („NUFK“ bzw. „FUNK“). Die USA treiben vietnamesische Truppen tiefer nach Kambodscha und weiten den Vietnamkrieg auf Kambodscha aus. Unter zynischen Decknamen wie „Lunch“, „Dinner“ und „Breakfast“ werden zuerst verdeckt, dann bis 1973 recht offen über 500.000 Tonnen Bomben auf Kambodscha abgeworfen (Shawcross 1979, S.323), nach neuesten Berechnungen sogar 2.756.941 Tonnen (Owen/Kiernan 2006, S.63), also 17 mal soviel wie auf Japan im Zweiten Weltkrieg. Dennoch können die USA den Krieg in Indochina (II. Indochinakrieg) nicht gewinnen. Am 17. April 1975 fällt Phnom Penh in die Hände der Khmer Rouge.

1975-1979:
Die Jahre des Khmer Rouge-Regimes. Im Namen der Autarkie werden alle größeren Städte Kambodschas „evakuiert“. Die städtischen Schichten, darunter auch Hunderttausende IndustriearbeiterInnen, werden in Kommunen reorganisiert und zur Feldarbeit gezwungen. Durch das Chaos der Kollektivierung, d.h. der Militarisierung der Landwirtschaft, kommen ca. 1,7 Millionen Menschen v.a. durch Hunger und Krankheiten um. Innerhalb der Khmer Rouge regt sich Widerstand, der größte bewaffnete Aufstand geschieht 1978 in der Ostzone des Landes, aber auch im Westen und Norden wird gegen Pol Pot’s Politbüro rebelliert. Mit Hilfe diverser Warlords gelingt es dem „Zentrum“, die Aufstände blutig zu ersticken, die Todesopfer gehen in die Hunderttausende. Im Foltergefängnis Toul Sleng werden die Niederschlagungen mit innerparteilichen Säuberungen ergänzt: zwischen 14.000 und 20.000 „Kader“ werden hier verhört und anschließend hingerichtet (Chandler 1999, S.7ff.).

1979-1989:
Nach lang andauernden Grenzscharmützeln entschließt sich Vietnam am 22. Dezember zum Krieg gegen das Khmer-Rouge-Regime (III. Indochinakrieg). Am 7. Jänner fällt Phnom Penh. Die geflüchteten Khmer Rouge bilden mit Sihanouk und dem rechtsgerichteten Son Sann erneut eine „Volksfront“ Marke Peking-USA, die bis 1989 als legitime Vertretung in der UNO anerkannt wird.

1989-1991:
Friedensverhandlungen, an denen die Roten Khmer auf Drängen der USA und Chinas als gleichberechtigter Partner teilnehmen.

1991-1993:
Die UNO verwaltet mit der Mission „UNTAC“ Kambodscha. Die Entwaffnung der Khmer Rouge gelingt nicht.

Seit 1993:
Kambodscha ist wieder eine konstitutionelle Monarchie; Die soziale Misere der Bevölkerung ist so groß wie eh und je. Landvertreibungen, Kinderarbeit, AIDS und ungeheure Arbeitsbedingungen in der (Textil-)Industrie stehen an der Tagesordnung. Kambodscha ist – ein „normales“ Entwicklungsland.


01-02-2007, 17:41:00 |Andreas Kranebitter