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Jugoslawien: 25 Jahre Konflikte

Eine Zeittafel zum Jugoslawienkonflikt

25.04.2007

1974: Neue Verfassung: Jugoslawien wird eine Konföderation. Der Kosovo, eine autonome Provinz Serbiens, wird mit Vetorecht gegen jede Entscheidung Serbiens in die Bundesinstanzen aufgenommen.

1980: Tito stirbt. Die Spitze des Staates bildet nun ein kollegiales Präsidium.

1981: Zehntausende von albanischen Kosovaren verlangen den Status einer Republik. Blutige Unterdrückungsmaßnahmen.

1986: Petition der Serben des Kosovo. Ein (nationalistisches) Memorandum der serbischen Akademie der Wissenschaften („Genozid an den Serben“) wird veröffentlicht.

1987: Milosevic stellt seine Gegner kalt und konsolidiert seine Führungsposition an der Spitze des Bundes der Kommunisten Serbiens.

1988: „Antibürokratische Revolutionen“ in der Vojvodina und in Montenegro, die Milosevic begünstigen. Massenversammlungen in Serbien gegen „den Genozid an den Serben im Kosovo“. Absetzung der albanischen Führer der KP im Kosovo.

1989: Von der Föderation akzeptierte Verfassungsänderungen, die das Vetorecht des Kosovo im Rahmen einer Belgrad unterstellten Autonomie abschaffen. Demonstrationen der AlbanerInnen. Es werden Polizeitruppen der Föderation hingeschickt. Hungerstreik der Bergarbeiter von Trepca. Blutige Repression und Verabschiedung der serbischen Verfassungsänderungen durch das kosovarische Parlament. 600-Jahr-Feier der Schlacht auf dem Amselfeld im Kosovo. Der Ausnahmezustand wird verhängt.
Slobodan Milosevic wird vom serbischen Parlament zum Präsidenten der Republik Serbien gewählt.
Gesetz über die Änderung des Eigentums und liberale Schocktherapie, die auf Föderationsebene von Ante Milosevic eingeführt werden.

1990: Der 14. und letzte Parteitag des Bundes der jugoslawischen Kommunisten (BdjK), Auszug der slowenischen und kroatischen Delegierten. Erste freie Wahlen in den Republiken. Franjo Tudjman wird zum Präsidenten Kroatiens gewählt. Alija Izetbegovic wird im Rahmen einer Mandatsaufteilung zwischen den nationalistischen Parteien, die zusammen regieren wollen, zum Präsidenten Bosnien-Herzegowinas ernannt. Annahme einer neuen serbischen Verfassung, die die Oberhoheit Belgrads über die Provinzen bestätigt. Annahme einer Verfassung in Kroatien, das für die Serben den Status eines „Volkes“ abschafft. Das Parlament des Kosovo wird durch ein Belgrader Dekret aufgelöst; es tritt zusammen und ruft im Rahmen der jugoslawischen Föderation die Republik Kosovo aus. Massenentlassungen von AlbanerInnen. Aufbau einer albanischen Parallelgesellschaft. Abhaltung einer Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Sloweniens (93% beteiligen sich, 89% stimmen mit Ja).

1991: Krise der kollegialen Präsidentschaft Jugoslawiens. Plebiszit der in Kroatien lebenden Serben über den Verbleib in Jugoslawien. Bewaffnete Zwischenfälle in den von Serben bewohnten Regionen. Das kroatische Referendum über die Unabhängigkeit wird von den Serben boykottiert (84% Teilnahme, 92% Ja-Stimmen). Am 25. Juni erklären Slowenien und Kroatien ihre Unabhängigkeit. Referendum der Kosovo-Albaner über ihre Unabhängigkeit (30. September). Referendum über die Unabhängigkeit Mazedoniens, wird von den Albanern boykottiert (79% Abstimmende, 90% Ja-Stimmen). Einnahme des in Kroatien liegenden Vukovar nach 86 Tagen Belagerung durch die Bundesarmee und serbische Milizen (August – Dezember). Die Serben der Krajina rufen eine eigene Republik aus.
Die Europäische Gemeinschaft bestimmt die Kriterien für die Anerkennung, die bis zum 23. Dezember von den Republiken erfüllt werden müssen, die Jugoslawien verlassen wollen. Am 23. Dezember erkennt Deutschland Slowenien und Kroatien an.
Treffen zwischen Milosevic und Tudjman. Diskussion über eine ethnische Aufteilung von Bosnien-Herzegowina.

1992: Die Europäische Gemeinschaft (Vorläuferin der EU) erkennt Slowenien und Kroatien an und verlangt von Bosnien-Herzegowina die Abhaltung einer Volksabstimmung über die Unabhängigkeit. Auf der Basis einer neuen Verfassung wird eine „Bundesrepublik Jugoslawien“ (Serbien-Montenegro) ausgerufen.
Das Referendum über die Unabhängigkeit von Bosnien-Herzegowina wird von den Serben boykottiert (64% Teilnahme, 99% Ja-Stimmen). Friedliche Demonstration vor dem bosnischen Parlament. Beginn der Zusammenstöße. Die „serbische Republik von Bosnien-Herzegowina“ wird ausgerufen. Die jugoslawische Volksarmee (JVA) zieht sich offiziell aus Bosnien-Herzegowina zurück, überlässt jedoch den Großteil der Infrastruktur und der Waffen den serbischen Milizen. Obwohl Kroatien offiziell die Unabhängigkeit von Bosnien-Herzegowina unterstützt, wird die HDZ (die Partei von Tudjman) von den „pro-bosnischen“ Elementen gesäubert und Herceg-Bosna  beginnt mit kroatischer Flagge und Währung zu existieren.
Der Sicherheitsrat der UNO legt gegen Serbien-Montenegro ein dreifaches Embargo fest (Handel, Öl und Lufthoheit). Kroatien, Slowenien und Bosnien-Herzegowina werden in die UNO aufgenommen; sie verwehren der neuen „Bundesrepublik Jugoslawien“ einen Sitz in der UNO.

1993: Der Sicherheitsrat der UNO beschließt die Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofs für das frühere Jugoslawien in Den Haag.
Krieg zwischen Kroaten und Muslimen. Treffen zwischen Tudjman und Milosevic im Juni, die eine Aufteilung Bosnien-Herzegowinas in drei ethnische Einheiten möchten. Owen-Stoltenberg-Plan. Selbstproklamation der „Republik Herceg-Bosna“ mit der Hauptstadt Mostar. Die muslimischen Stadtteile werden von den kroatischen Milizen mit Unterstützung der kroatischen Armee beschossen. Bedingte Unterstützung des Friedensplans durch Sarajevo und Abkommen zwischen Serben und Muslimen. Aufstand und Auseinandersetzungen zwischen der Armee von Sarajevo und der „autonomen Provinz Westbosniens“, die Fikret Abdicdie Treue hält.

1994: Personelle Verschiebungen in der kroatischen Armee. Die NATO bombardiert serbische Ziele. Druck der USA, den Krieg zwischen kroatischen und muslimischen Kräften zu beenden. Unter dem Druck der USA wird die kroatisch-muslimische Föderation gebildet.
Sommer 1995: Offensive der kroatischen Armee in Westslawonien. Offensiven der Serben gegen die von der UNO eingerichteten „Sicherheitszonen“, darunter Srebrenica (mindestens 7.000 Tote). Im August erobert die kroatische Armee die Krajina zurück und vertreibt Hunderttausende SerbInnen.

21. November 1995: Bei ihrem Treffen in Dayton (Ohio, USA) unterzeichnen Slobodan Milosevic, Franjo Tudjman und Alija Izetbegovic ein Abkommen, das die Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal, den Erhalt von Bosnien-Herzegowina in seinen Grenzen und die ethnische Teilung in zwei Einheiten vorsieht: die Republika Srpska (RS) und die kroatisch-muslimische Föderation. Die Sanktionen gegen Serbien und Montenegro werden aufgehoben.

1996/97: Die UÇK führt im Kosovo Aktionen durch. Verurteilung des „Terrorismus“ und des Separatismus durch den stellvertretenden US-Außenminister John Kornblum und die deutschen und französischen Außenminister.

1998: Zusammenstöße in Drenica im Kosovo gegen eine lokale Basis der UÇK. Ihr Führer Adem Jashari und 36 Personen seiner Familie werden getötet. Die UÇK nimmt rasch an Kraft zu: Es kommt zu Kämpfen mit 2.000 Opfern und 250.000 Flüchtlingen. Der Plan von Holbrooke wird von Belgrad akzeptiert: Rückkehr der Flüchtlinge, vorläufige Autonomie für das Kosovo für drei Jahre und Entsendung einer Beobachtergruppe von 2.000 Menschen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Januar-März 1999: Massaker von Radzak mit über 40 albanischen Toten (Januar). Konferenzen von Rambouillet und Paris. Scheitern der ersten Phase (6.-20. Februar): Die albanische Delegation begnügt sich nicht mit der Autonomie, und die Serben schließen eine Präsenz der NATO aus. Nach der Rückkehr (15.-19. März) unterzeichnet die albanische Delegation das Projekt: es wird ein „militärischer Anhang“ hinzugefügt, der der NATO Operationen in Serbien ermöglicht. Die Serben lehnen den Vertrag ab.

10. Dezember 1999: Tod von Präsident Franjo Tudjman aus Kroatien, der in den neunziger Jahren zweimal wiedergewählt worden war. Seine Armee hatte die Milizen der rechtsradikalen Ustascha integriert. Sein Verteidigungsminister Gojko Susak war direkt für die ethnischen Säuberungen in der Herzegowina gegen die Serben und die Muslime verantwortlich (und die Errichtung von Herceg-Bosna), sowie in Kroatien gegen die Serben von Slawonien und der Krajina (1995). Unterstützt von den USA und Deutschland verstarb er ohne Anklage vor dem Haager Tribunal.

5. Oktober 2000: Milosevic erkennt seine Niederlage bei den Wahlen vom September an. Vojislav Kostunica wird Präsident der Bundesrepublik Jugoslawien.

1. April 2001: Milosevic wird vom Innenminister der Veruntreuung von Staatsgeldern beschuldigt und der serbischen Justiz übergeben.

28. Juni 2001:  Milosevic wird gemäß der Entscheidung der serbischen Regierung von Zoran Djindjic trotz eines Vetos des Obersten Gerichtshofes dem Haager Tribunal überstellt. Im September 2001 werden die Anklagen gegen ihn auf den Krieg in Kroatien (August 1991 – Juni 1992) ausgeweitet. Am 12. November 2001 legt Carla del Ponte eine dritte Anklage über die Kriegsverbrechen in Bosnien zwischen 1991 und 1995 vor. Die Chefanklägerin verlangt die Behandlung aller drei Komplexe in einem einzigen Verfahren, was Richter Richard May ablehnt. Doch das Berufungsgericht akzeptiert am 1. Februar 2002 das Verlangen nach einem einzigen Prozess – was auch vom Angeklagten unterstützt wird, der auf „nicht schuldig“ plädiert und sich selbst verteidigen will.

12. Februar 2002: Beginn des Prozesses nach der angelsächsischen Prozessordnung. Der erste Teil (Verhandlung der ersten drei Dossiers) ist im Sommer 2004 beendet.

11. März 2006: Slobodan Milosevic wird tot in seiner Zelle aufgefunden. Laut Autopsiebericht (12. März) handelte es sich um ein Ableben aufgrund eines Herzinfarktes. Am 17. März legt das Gericht einen neuen toxikologischen Bericht vor, in dem die These von einer Vergiftung ausgeschlossen wird.

3. Juni 2006: Montenegro erklärt seine Unabhängigkeit und setzt dem Staat Serbien-Montenegro, der unter dem Druck der EU seit 2003 die Fiktion eines gemeinsamen Staates in zwei Republiken (ohne gemeinsame Währung, in Montenegro galt die DM bzw. der Euro) aufrechterhalten hat, ein Ende. Zwischen 1991 (Unabhängigkeit von Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina) und 2003 gab es noch eine so genannte Bundesrepublik Jugoslawien aus Serbien (mit seinen beiden Provinzen Vojvodina und Kosovo) und Montenegro, dessen neue Verfassung bereits jeden Bezug auf den Sozialismus gestrichen hatte – ohne dass das Volk dazu befragt worden wäre. Die Unabhängigkeit von Montenegro beschließt den Reigen der Separation der Republiken zu einem Zeitpunkt, an dem die Verhandlungen über den künftigen Status des Kosovo gerade begonnen haben.

31-08-2006, 19:12:00 |