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Aufruf von russischen linken Organisationen

Katja Schreiber

Vor zwei Monaten haben wir, Repräsentant_innen der russischen Linken, um eure Solidarität gegen die stattfindende Welle politischer Repression in Russland gebeten. Leider ist dieser Aufruf heute dringender denn je. Es ist keine Übertreibung mehr, die genau jetzt stattfindenden politischen Prozesse mit der Verfolgung der russischen Narodniki am Ende des 19. Jahrhunderts zu vergleichen. Die Anzahl der möglichen Verurteilungen wegen der so genannten „Unruhen“ vom 6. Mai 2012 ist beständig auf über 20 angestiegen, und die Mehrzahl der Festgenommenen wartet seit vielen Monaten im Gefängnis auf ihren Prozess.

17.02.2013

Ihre Namen sind Wladimir Akimenkow, Oleg Archipenkow, Andrej Barabanow, Fjodor Bachow, Jaroslaw Belusow, Alexandra Duchainina, Stepan Simin, Ilja Guschyn, Nikolai Kawkasski, Alexander Kamenskij, Leonid Kowjasin, Michail Kosenko, Sergej Kriwow, Konstantin Lebedew, Maxim Lusjanin, Denis Luzkewitsch, Aleksej Polichowitsch, Leonid Raswoshajew und Artem Sawelow.
Das Ziel der Verfolgung liegt auf der Hand: bei denen, die mit dem gegenwärtigen politischen Regime unzufrieden sind, den Willen zum politischen Kampf zu brechen und die existierende politische Opposition, von der ein beträchtlicher Teil auf der Linken steht, systematisch zu zerstören. Das Untersuchungskomitee – eine Struktur, die nur Präsident Putin untersteht – hat eine weit gespannte Verschwörung konstruiert, die von Basisprotestierenden auf der Strasse bis zu etablierten Politikern reicht. So hat das Komitee am 10. Januar 2013 zwei Verfahren zusammengelegt: das wegen der „Unruhen“ am 6. Mai (mit neunzehn Verhafteten, zwei Menschen mit der Auflage, die Stadt nicht zu verlassen, und zehn, die sich außerhalb von Russland versteckt halten) und das wegen „Organisierung von Unruhen“, in dem unsere Genossen Konstantin Lebedew, Leonid Raswoshajew und Sergej Udalzow angeklagt sind.
Die Liste der Festgenommenen wird noch länger. Erst vor kurzem, am 7. Februar, ist der 24 Jahre alte Ilja Guschtschin verhaftet worden, mit der Beschuldigung, er habe bei den „Unruhen“ vom 6. Mai Gewalt gegen einen Polizisten angewandt. Kurz vorher, am 17. Januar, hat sich Alexander Dolmatow, gegen den ähnliche Beschuldigungen erhoben wurde und dem eine Abschiebung aus den Niederlanden zurück nach Russland drohte, das Leben genommen.
Am 9. Februar wurde der Status von Sergej Udalzow von der Auflage, die Stadt nicht zu verlassen, in Hausarrest umgewandelt. Das bedeutet, dass seine Kommunikation mit der Außenwelt empfindlich beschnitten ist und dass der geringste Verstoß ihn ins Gefängnis bringen würde.
Zudem üben die Anklage und die Richter unter Leitung des Kremls weiterhin Druck auf die Festgenommenen aus, denen Gefahren für Gesundheit und Leben drohen.
So ist die Sehfähigkeit von Wladimir Akimenkow, 25, seit seiner Verhaftung am 10. Juni 2012 schlechter geworden. Akimenkow, ein Aktivist der Linken Front, leidet unter angeborener Sehschwäche. Sein Rechtsanwalt, Menschenrechtsaktivist_innen sowie 3000 Unterzeichner_innen einer Petition haben sich bei den Behörden für seine Freilassung eingesetzt. Die Anklage und die Gerichte sind jedoch hart geblieben und haben seine Haft bis zum 6. Mai 2013 verlängert.
Ein anderer Angeklagter, Michail Kosenko, 37, hat seit seinem Militärdienst unter post-traumatischen Stress-Störungen gelitten. Anstatt ihm Zugang zu medizinischer Behandlung zu gewähren oder ihn freizulassen, will das Gericht ihn zur „Zwangsbehandlung“ in ein Gefängniskrankenhaus verlegen lassen.
Leonid Raswoshajew, 40, einer der Koordinatoren der Linken Front, ist von Unbekannten aus der Ukraine entführt und nach Moskau gebracht worden. Nach der Entführung ist anscheinend unter Androhung von Folter und Schädigung seiner Familie von Raswoshajew ein Geständnis erpresst worden. Als er ins Gefängnis kam, hat er seine „Geständnisse“ widerrufen, doch werden seine Aussagen weiter aktiv gegen andere verwendet. Inzwischen ist Raswoshajew in die sibirische Stadt Irkutsk verlegt worden, wo seine Möglichkeiten, mit Verwandten und Anwälten zu kommunizieren, empfindlich beschnitten sind.
Der Prozess wird höchstwahrscheinlich im März ernsthaft beginnen. Der Staatsanwalt wird die Existenz einer massiven Verschwörung gegen den Staat behaupten, in der die Angeklagten angeblich unterschiedliche Rollen gespielt hätten. Sofern das nicht bekämpft wird, wird der wahrscheinliche Ausgang darin bestehen, dass das Leben von Dutzenden von Menschen zerbrochen wird (auf die Anklagen stehen bis zu acht Jahre), es wird Verschwörungshysterie in den staatlich gelenkten Medien und freie Hand für weitere Repression geben.
Eure Solidarität ist für uns ganz entscheidend. Wir bitten euch, an den Tagen vor diesem schändlichen Prozess, in den Tagen vom 28. Februar bis 3. März Proteste vor jedem Konsulat der Russischen Föderation in euren Ländern zu organisieren, Informationen über die politischen Prozesse zu verbreiten und eure Regierung und relevante Nichtregierungsorganisationen zu möglichem Handeln zu drängen.
Bitte schicke Berichte über Solidaritätsaktionen und andere Informationen oder Fragen an diese 
E-Mail-Adresse: russiasolidarity@gmail.com
 
Rossiskoje sozialistitscheskije dwishenije (RSD, Russische Sozialistische Bewegung)
 
Lewy Front (Linke Front)
 
Rossiskije Anarchisty (Russische Anarchisten)
 
http://www.politzk-ru.org/solidarnost-protiv-repressij!.html
 
http://www.politzk-ru.org/solidarity-against-repression!.html