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HC durch die Hintertür: „Wir wollen unsern Führer hören“

Mehr als 400 Personen demonstrierten am 10. Mai in Graz gegen den FPÖ-Obmann und den "Ring Freiheitlicher Studenten" (RFS). Die Polizei war überfordert und versuchte, das mit Brutalität zu kaschieren.

25.05.2007

Gegen die Diskussionsveranstaltung an der Grazer Uni mit H.C. Strache, Gerhard Kurzmann und Susanne Winter, organisiert vom RFS, hatte sich im Vorfeld schon massiver Protest geregt. Ein Bündnis aus linken Gruppen, vom  KSV ("Kommunistischer StudentInnenverband") über die GRAS ("Grüne & Alternative StudentInnen"), GAJ, SJ und Mayday 2000 rief dazu auf, den Auftritt Straches zu blockieren. Zuvor hatte es die Universitätsleitung abgelehnt, dem RFS den Raum auf der Uni zu entziehen und sich sogar mit den VeranstalterInnen an einen Tisch gesetzt, um das polizeiliche Vorgehen gegen die Demonstration zu diskutieren. Der Polizeieinsatz war von seiten der Universität ausdrücklich legitimiert worden.
Am Donnerstag, den 10. Mai, versammelten sich bereits um 17 Uhr DemonstrantInnen und versuchten friedlich durch das Bilden von Menschenketten den Haupteingang zu blockieren. Mit dem Sprechchor "Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!" beantworteten die ca. 20 Leute in der Blockade und die langsam anwachsende Menge vor dem "Heizhaus" die Aufforderung der Polizei, die Versammlung aufzulösen.
Bereits vor 18 Uhr, d.h. über eineinhalb Stunden vor Beginn des Strache-Auftritts, beendete die Polizeieinheit gewaltsam die Blockade, indem sie die DemonstrantInnen wegtrug und wegzerrte. Schon hier kam es zu ersten Übergriffen, Verletzungen der DemonstrantInnen und Festnahmen. Ein Polizist meinte zu seinem Kollegen, der einen Demonstranten festnahm: "Pass auf, dass der Arm nicht gleich da bricht!"
Die Polizei begann mit dem Aufbau von Absperrgittern, um die DemonstrantInnen vom Gebäude fernzuhalten und den BesucherInnen der RFS-Veranstaltung einen Korridor freizuhalten. Gut die Hälfte der DemonstrantInnen, darunter auch zahlreiche SchülerInnen, begab sich daraufhin zur Zufahrt Heinrichstrasse, die alle Strache-Fans passieren mussten, die nicht als VIPs durch Hintereingänge ins "Heizhaus" geschleust wurden. 150-200 DemonstrantInnen  versuchten erneut, mit Menschenketten und Transparenten den Weg zu blockieren.
Bei den Versuchen, den Rechten den Weg frei zu machen, agierte die Polizei für Grazer Verhältnisse mit großer Brutalität: Die Einsatzeinheit ging mit Schildern, Fäusten, Schlagstöcken und Fusstritten gegen die TeilnehmerInnen der Blockaden vor, mehrere DemonstrantInnen wurden u.a. durch Prügel verletzt. Ein Beamter richtete z.B. seine Schläge mit dem Schlagstock gezielt gegen den Unterkörper von Leuten, die in den ersten Reihen der Blockade standen, andere Verletzungen gab es durch die heftigen Tritte der Stiefel der PolizistInnen. Selbst auf festgenommene DemonstrantInnen, die bereits wehrlos am Boden lagen, wurde noch eingeschlagen. Ein weiteres Zitat eines Beamten zu TeilnehmerInnen an der Blockade: "Euch bring ich heut noch ins Krankenhaus!"
Bedroht wurden aber auch Personen, die das Geschehen nur dokumentierten, oder gegen Übergriffe der Polizei protestierten, sogar Lehrende der Uni Graz. Ein Demonstrant wurde zu Boden gestossen und verletzt, obwohl er mit einem Kind abseits stand.
Die Stimmung in der zunächst friedlichen Kundgebung wurde durch das aggressive Vorgehen der Polizei gegen die DemonstrantInnen im Laufe des Abends immer gereizter. Bevor es zu den in der Presse vielzitierten "(Plastik)flaschen- und Dosenwürfen" gegen die PolizistInnen kam, waren diese mit Schlägen und Tritten gegen die DemonstrantInnen vorgegangen und hatten Leute verletzt, die nur mit Transparenten und Menschenketten den Weg blockierten.
Trotz allem schaffte es die Polizei nie ganz, die Situation in den Griff zu bekommen. Den DemonstrantInnen gelang es immer wieder, die Polizeiketten zurückzudrängen. Erstaunlich viele DemonstrantInnen gaben den Versuch, den Zugang zu blockieren, bis zum Schluss der Kundgebung nicht auf. Über die Lautsprecheranlage und Megaphone kamen Musik und Redebeiträge der zur Demo aufrufenden Gruppen, aber auch - je nach Situation - rechtliche Informationen, Schilderungen der Übergriffe und die Aufforderung der OrganisatorInnen, mit dem Werfen von Gegenständen aufzuhören. Zahlreiche BesucherInnen der RFS-Veranstaltung (O-Ton einiger Fans: "Wir wollen unseren Führer hören!") drehten angesichts der Demonstration wieder um. Hauptredner Strache musste die Veranstaltung durch den Notausgang betreten und wieder verlassen.
Im Inneren des "Heizhauses" nahmen die RednerInnen von FPÖ und RFS wiederholt auf die Demonstration Bezug - neben ihrer üblichen Propaganda, z.B. dass die ÖsterreicherInnen bald zur "Minderheit" im eigenen Land würden oder dass in Nürnberg Menschen dafür verurteilt worden seien, dass sie einen "präventiven Angriffskrieg" geführt hätten.
Für Graz war es eine bemerkenswerte Demonstration: Nicht nur wegen der unverhältnismässigen Gewalt der Polizei, die auf dem Universitätsgelände eine rechtsextreme Veranstaltung durchsetzte, sondern vor allem, weil überraschend viele Leute kamen, an der Demonstration teilnahmen und trotz des Polizeiaufgebots Widerstand leisteten.
(MayDay2000/gek.)